Montag, 6. Juni 2011

Ehemalige DDR, lebendiges Preußen

„Die Volkskammerwahl am 18.03.1990 war die erste freie Wahl nach 1932 in der ehemaligen DDR.“[1]Nach Napoleons Niederlage fiel Bonn an Preußen.“[2]
Abgesehen davon, daß man sich fragt, wie das zugegangen sein mag, als zwischen 1932 und 1949 in der DDR unfreie Wahlen stattgefunden haben oder auch gar keine Wahlen, wo es doch gar keine DDR gab: Man fragt sich, wieso die CDU die DDR der Zeit ihrer ersten freien Wahl „ehemalig“ nennt, während sie doch offenbar der Meinung ist, das Preußen zur Zeit Napoleons habe keineswegs ehemaliges Preußen zu heißen. Die Vermutung liegt nahe, daß die CDU die DDR so sehr haßt, vielleicht auch ihre Wiederkehr fürchtet, daß sie das Wort nicht aussprechen kann, ohne zwanghaft „ehemalig“ davor zu setzen.
Sicher ist in den Kreisen dieser Partei auch schon der Wunsch aufgekeimt, zum Zwecke noch stärkerer Distanzierung bzw. noch wirksamerer Beschwörung von „ehemaliger sogenannter DDR“ zu sprechen. Aber dann ist jemandem gerade noch rechtzeitig eingefallen, daß das vielleicht so gelesen werden könnte: Früher gab es die DDR nicht, es gab nur eine sogenannte DDR. Doch dann gab es zwar nicht die DDR, aber doch die sogenannte DDR nur noch als ehemalige. Daraus könnte man folgern: Es gab die DDR nun als ganz wirklichen, sozusagen real existierenden Staat, als DDR ohne jeden die Existenz gleich wieder vernichtenden Zusatz. Das müßte unter Modrow (PDS, heute Die Linke) gewesen sein, immerhin fand unter seiner Regierung die erste freie Wahl statt. Das aber darf natürlich auf keinen Fall sein, und darum muß es konsequent und ohne Ausnahme „ehemalige DDR“ heißen.
Preußen aber möchte die CDU am liebsten auferstehen lassen. Es ist nicht ehemalig, ist nie untergegangen, es ist in unseren Herzen lebendig wie eh und je, wie zu der Zeit, als Luise Königin der Herzen war. Seltsam ist nur, daß die CDU von Bonn das mitmacht, wo doch die Rheinländer die Annexion durch Preußen als Katastrophe, Schande und Schmach ansahen und noch ansehen. Wahrscheinlich erklärt es sich so: Der Bonner CDU-Ortsverein besteht aus hergelaufenen, gestrandeten Existenzen, aus allen Teilen des Landes zusammengewehten und nach der Wiedervereinigung dort hängengebliebenen Ministerialbeamten ohne jede Bodenhaftung, ohne Verbindung mit der indigenen Bevölkerung und innere Beziehung zu deren Heimat.

1 Kommentar:

Hans Hütt hat gesagt…

Tatsächlich ist es so, dass die CDU bei diesem seltsamen Bild ihrer Parteivorsitzenden folgt. Wenn Angela Merkel sich dazu genötigt sieht, über die DDR zu reden, dann immer über "die ehemalige DDR", was ihr infolge einer frühen lebenslänglichen Immunisierung gegen dialektisches Denken erspart, über die heutige DDR zu sprechen.