Montag, 30. Juli 2012

ElitePartner

Eine „Partnerschaft zu Schulen in Namibia“ wollen, so behauptet der gut- bis großbürgerliche Tagesspiegel, einige Berliner Schulen eingehen.[1]
Das wird wohl nichts werden, weil man eine Partnerschaft zwar mit, aber nicht zu jemandem eingehen kann. Der Tagesspiegel selbst hat das am 20.04.2008 noch gewußt: „Eine Partnerschaft besteht immer mit jemandem, im Miteinander eben. Ich lebe ja auch nicht in der Ehe zu meinem Mann, sondern mit ihm.“

Montag, 23. Juli 2012

Betreuung der Körperlichkeiten


„Seitdem die Kirchen von Mißbrauchsfällen erschüttert werden, wird das Thema auch im Sport immer offensichtlicher“, schreiben die für die Unter- und Zwischenüberschriften in der taz zuständigen PraktikantInnen. Im Artikel[1] steht aber: „Seitdem die katholische Kirche von Mißbrauchfällen bei Jugendlichen erschüttert wurde, sind sexuelle Belästigungen von Minderjährigen auch im Sport immer mehr zum Thema geworden.“
Man sollte auf die PraktikantInnen ..., halt, das ist ja nicht mehr zeitgemäß, und der Sprachpapst A. Stefanowitsch könnte es rügen, während „die Praktizierenden“ sicher seinen Beifall findet, „die Studierenden“ mag er ja auch; also, ich fang’ noch mal ein: Man sollte auf die Praktizierenden besser aufpassen, die setzen in ihrem jugendlichen Ungestüm ohne hinzuschauen riskante Behauptungen in die Welt. Sonst hat die taz mir nichts dir nichts eine Klage am Hals, in diesem Fall von den evangelischen oder den orthodoxen Kirchen. Aber das ist Sache dieser Zeitung. Unsere ist die Behauptung, daß ein Thema offensichtlich werden kann. Ich glaube nicht, daß das möglich ist. Eine Lüge kann offensichtlich sein. Eine Behauptung kann offensichtlich wahr oder falsch sein. Ein Thema kann zwar langweilig sein oder spannend, aber offensichtlich zu sein, gar zu werden, das ist ihm nicht gegeben.
Der Artikel hat es auch sonst in sich. Sein Autor tut sich vor allem mit den Bedeutungen der für „das Thema“ einschlägigen Begriffe nicht leicht. Da ist ein Schwimmtrainer „wegen sexuellen Mißbrauchs“ (also nicht wegen des Verdachts) „ins Visier der Justiz geraten“. Er „soll“ (also doch nur: Verdacht) ein Mädchen zwar nicht „direkt betreut“, sich aber immerhin zwei mal an ihm „vergangen“ haben, was, wie man etwas weiter unten erfährt, eine „sexuelle Belästigung“ ist und vor allem daher kommt, daß beim Schwimmen, besonders seit der Weltverband die Ganzkörperanzüge verboten hat, die „Körperlichkeit“ besonders „ausgeprägt“ ist. Letzteres hab’ ich mir schon immer gedacht; Laufen ist dagegen eher eine Sache des Geistes, wenn nicht gar der Geistigkeit, Fußballspielen sowieso. Deshalb gibt es ja auch Fußballweise, Schwimmweise aber nicht. Wie auch immer: Jedenfalls scheint die taz der Meinung zu sein, daß der Tatbestand der Belästigung dann erfüllt ist, wenn ein Trainer ein Mädchen mißbraucht, mit anderen Worten: sich an ihm vergeht, und das heißt: es betreut.



[1] 12.8.2010

Montag, 16. Juli 2012

Kriegergesellschaft

An wichtigen Gedenktagen erinnern uns unsere Politiker daran, daß wir nun schon seit weit über einem halben Jahrhundert Frieden in Deutschland haben und daß wir dafür dankbar zu sein haben; weniger dem lieben Gott, mehr ihnen, unseren Politikern. Ich kann’s aber nicht so recht glauben:
Banken-Krieg, Hessens Stellvertreter-Krieg in Wiesbaden, Währungskrieg, Krieg gegen die Spekulanten, Krieg gegen den Euro, Rechtschreib-Krieg, Bildungskrieg, Gesundheitskrieg, den Reformkrieg, der ein Krieg in Mexiko im 19. Jahrhundert war, gibt’s jetzt wieder, z. B. wird zur Zeit ein „Reformkrieg nach PISA“ geführt; ferner Bäderkrieg, Saunakrieg, Parkkrieg, Wellness-Krieg, Projektkrieg, aber noch keinen Projektvorhabenskrieg, Erlebnis Krieg (schon seit dem jungen Ernst Jünger), aber noch keinen Erlebniskrieg, jedoch Beautykrieg (scheint etwas ähnliches zu sein wie der schon etwas ältere Zickenkrieg), Koalitionskrieg, Tarifkrieg, Genderkrieg, Abenteuerkrieg, Herausforderungskrieg, Funkrieg, Spaßkrieg (ziemlich oft bei Google, scheint nicht identisch zu sein mit dem, was meine Enkel gern treiben: Krieg „aus Spaß“), Actionkrieg, Aktionskrieg, usw. usf.

Donnerstag, 12. Juli 2012

Sex und Raum

„Der Sex und der Raum. Bei [der Bildhauerin] Bonvicini sind das Gegensätze, die zusammengehören.“ (taz [1])
„Den Sex“ haben wir nun schon seit etwa einem halben Jahrhundert, aber irgendwie bekomme ich das Gefühl nicht weg, daß er und die deutsche Sprache nicht zusammengehören. Vor allem „Sex haben“ scheint mir sehr zu knirschen, und außerdem ist's überflüssig, wo wir doch im Deutschen so schöne Wörter für die gemeinte Sache haben. – Daß „der Sex“ und der Raum zusammengehören, ist nicht nur bei Bonvicini so. Selbst wenn ersterer sich ganz in der Phantasie abspielt, wird das, was man sich da vorstellt, doch kein unräumliches Geschehen sein. Aber daß „der Sex“ und der Raum bei der Bildhauerin Gegensätze sind, noch dazu solche, die zusammengehören, glaub’ ich der taz nicht. Außerhalb der Journalistenkreise weiß man, daß das so wenig denkmöglich ist wie ein Gegensatz zwischen Raum und Kartoffelsalat. Ein Satz, in dem derartiges steht, ist nie ein Gedanke gewesen. Aber das paßt ja: „Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können – das macht den Journalisten“ (Karl Kraus).



[1] 21.8.2010

Freitag, 6. Juli 2012

Qualitätstestpaketbündelmaßnahmen

Unlängst „verkündete Bildungssenator Jürgen Zöller (SPD) seine zu einem ‚Qualitätspaket’ gebündelten 29 bildungspolitischen Maßnahmen“, darunter, daß Dreijährige einen Deutschtest machen sollen.[1]
Sollte eines der Kinder beim Test das Wort Qualitätspaket benutzen, würde ich es trotzdem durchkommen lassen, einen Erwachsenen aber nicht.



[1] taz vom 28.12.2010

Montag, 2. Juli 2012

Familiensprache in der community

„In regelmäßigen Treffen bereiten Mütter mit MH - unter Anleitung einer ausgebildeten Mutter aus ihrer community - das Thema der Woche vor, das sie zuhause mit ihrem Kind in der Familiensprache bearbeiten werden. Die Erzieherinnen bearbeiten das Thema auf Deutsch“[1] und darum werden sie sicher, anders als die Rednerin beim „Integrationsfachgespräch“ der Grünen, Gemeinde oder Gemeinschaft und nicht community sagen und statt „Diversity (nicht nur) in LLL fördern“ (ebd.) „Diversität (nicht nur) in LLL fördern“. Vielleicht werden sie sogar statt LLL ein richtiges Wort verwenden, damit auch Leute wie ich verstehen, was gemeint ist.
Gefreut hat mich „Familiensprache“. Denn ich frage mich schon seit längerem, wie man das Deutsche in einigen Jahren wohl nennen soll, wenn im sogenannten öffentlichen Raum nur noch englisch gesprochen wird und auch nur noch so gesprochen werden darf. Widrigenfalls werden zuerst ausgebildete Mütter aus der deutschen community die Mütter ohne MH bearbeiten und dann die Erzieherinnen das in der Familiensprache zuhause vorbereitete Thema auf englisch.
Anderswo im öffentlichen Raum wird es aber so sein wie heute schon. Zum Beispiel bekommen nach wie vor an den Universitäten deutsch-, also familiensprachige Studiengänge keine Genehmigung oder wenigstens keine finanzielle Unterstützung mehr.


[1] Rede auf dem „Integrationsfachgespräch“ der Fraktion der Grünen im Bayerischen Landtag, 24.6.2009.