Donnerstag, 31. Januar 2013

Blähjournalismus


Auf 2,65 Milliarden Dollar wir das Vermögen eines Südafrikaners geschätzt, „was ihn zum achtreichsten Afrikaner der Welt macht“. Das steht heute in der taz. Ebenfalls sehr weit, ja eigentlich noch weiter hat es einer aus Wiezenplotz an der Plampe (Sachsen-Anhalt) mit viel weniger gebracht. Mit nur 183.000 Euro hat er nicht nur den Titel des zweitreichsten Wiezenplotzers, sondern den des zweitreichsten Wiezenplotzers der Welt errungen.


Freitag, 25. Januar 2013

Lernspezialisten

„Oriolus - die Spezialisten für schulstarke Lernprogramme“.[1] 

Wieder ein Grund, froh darüber zu sein, daß Deutschland bei den PISA-Tests so schlecht abschneidet. Die Schüler entziehen sich offenbar dem Einfluß der Spezialisten und entgehen so der Gefahr, „schulstark“ in ihren Wortschatz aufzunehmen.  

Sonntag, 20. Januar 2013

Budapest Philharmonic Orchestra


Ich wundere mich seit Jahren, daß die Sprecher von „Bayern 4 Klassik“ – wie vermutlich die Sprecher aller deutschen Rundfunksender – statt „Pražský komorní orchestr“ „Prager Kammerorchester“ sagen, nicht aber stattBoston Symphony Orchestra“ „Bostoner Symphonieorchester“. Oder richtiger: Ich wundere mich nicht, wundern würde ich mich, wenn sie das nicht täten, sondern ich ärgere mich. Gewiß, die Rundfunksprecher bzw. die, die ihnen sagen, wie sie zu sprechen haben, sind nicht ohne Argumente. Pražský komorní orchestr“, so höre ich sie reden, versteht ja keiner, aber englisch kann jeder, außer der Mehrheit der über Siebzigjährigen und der Mehrheit der Migranten, aber die letzteren hören ja unsere Sendung sowieso nicht und auf erstere kommt's nicht mehr an.
Doch das ist nicht der Grund, sondern eine Ausrede. Am liebsten würden sie statt „Prager Kammerorchester“ „Prague Chamber Orchestra“ sagen, und man kann jede Wette darauf eingehen, daß sie das bald tun werden. Statt „Budapester Philharmonisches Orchester“ sagen sie ja auch schon „Budapest Philharmonic Orchestra“, obwohl es „Budapesti Filharmóniai Társaság Zenekara“ heißt (und nicht wie die Comedian Harmonists oder German Brass nur einen englischen Namen hat) und die Ungarn es sicher jedem überlassen, diesen Namen in seine eigene Sprache zu übersetzen.
Jener Grund ist: Sie halten sich für Provinzler und sind deshalb von Minderwertigkeitsgefühlen gepeinigt, sie möchten am liebsten ihre Herkunft verheimlichen und sprechen darum so oft es nur geht so, wie man in der großen Welt spricht und weisen darauf hin, daß es andere gibt, die in puncto Provinzialität noch weit unter ihnen stehen. Sie machen es ganz so wie der Bauer, der den Städtern in einer Sprache, die er für Hochdeutsch hält, schenkelklopfend erklärt, was für einen unmöglichen, hinterwäldlerischen Dialekt man doch im seinem Nachbardorf spricht. Die einen verstehen überhaupt nicht, was er will, die anderen sind peinlich berührt. Es funktioniert einfach nicht. Man will und will nicht erkennen, daß er kein Provinzler ist, sondern nur die aus dem Nachbardorf welche sind, und was für welche. – Die Deutschen sind halt unverschämte Provinzler: Sie geben den Tschechen ihre Verachtung zu erkennen und den Amerikanern zu verstehen, daß sie, die Deutschen, sich selbst verachten, sie, die Amerikaner, aber bewundern. Dazu halten sie sich ihre Rundfunksprecher.

Dienstag, 15. Januar 2013

Die Grünen beim Fellabziehen


"Zur Vorstellung des Handlungskonzepts der Landesregierung zur Stärkung der familiennahen Kindertagesbetreuung erklärt Andrea Asch MdL, familienpolitische Sprecherin: [...] Die Tagespflege hat einen eigenen und wichtigen Stellenwert, vor allem in der Abdeckung von Randzeiten." Das schreibt die Fraktion der Grünen im Landtag von Nordrhein-Westfalen.[1]
„Konzepts“ hätte gereicht. Ein Konzept ist ein Plan, und ein Plan, der nicht auf Handeln hinauswill, ist keiner. Ein Handlungskonzept ist also ein ziemlich weißer Schimmel. Was Randzeiten sind, weiß ich nicht. Aber eine Abdeckung ist meiner – vom Lexikon bestätigten – Meinung nach das, was der Abdecker tut. Das ist einer, der toten Tieren, vornehmlich Pferden, das Fell abzieht. Abdecken hat aber noch weitere Bedeutungen. Zum Beispiel kann man ein Rosenbeet mit Fichtenzweigen abdecken. Doch welche Bedeutung man auch nimmt und was immer eine Randzeit sein mag: Wie man sich deren Abdeckung vorzustellen hat, würde ich schon gern erfahren.

Samstag, 12. Januar 2013

Studierendendeutsch


Eine queerfeministische frauenlesbentrans liste kandidiert für das StudentInnenparlament – oder, für die ganz korrekten, Studierendenparlament – der FU Berlin. Ich dachte erst, das sind SpaßmacherInnen oder Spaßmachende, so wie die Biertrinker-Partei. Doch nein, ich habe mich kundig gemacht, das ist denen bierernst. Da macht sich nicht jemand über die Szene lustig, da spricht die Szene selbst.

Dienstag, 8. Januar 2013

Bildungsboom in Ostdeutschland


„Produktkriterien von Schulprogrammarbeit“ gibt’s beim Bildungsministerium des Landes Brandenburg.[1]

Mittwoch, 2. Januar 2013

Optimal schwerer Fall


Nicht irgendein Lebensberater, sondern ein Zeit-Journalist schreibt: „Falls Ihnen positives Feedback schwer fällt, erinnern Sie sich an Ihre Erfolge. Was ist Ihnen in der Vergangenheit gut gelungen? Wo liegen Ihre Stärken? Und wann können Sie diese optimal einsetzen?“[1]
Auf die letzte Frage ist zu antworten: wenn überhaupt, dann ganz, ganz selten. Optimal bedeutet: Besser ist nicht möglich. Darum gibt es das Wort optimaler nicht. Und wann kam es schon einmal vor, daß ich meine Stärken nicht noch besser hätte einsetzen können? Ich kann mich nicht erinnern.
Feedback bedeutet, die Älteren unter Ihnen werden sich erinnern, Rückkoppelung. Es fällt mir zwar schwer, mir das Fallen eines Feedbacks vorzustellen, aber wenn es fallen kann, dann kann es auch schwer fallen – in beiderlei Bedeutung: Es fällt, also etwa stürzt schwer, mit großer Wucht, und es fällt schwer, also etwa: Es ist nicht leicht, es zum Fallen zu bringen. Doch was soll ich mir darunter vorstellen, daß es mir schwer fällt? Daß es mir schwerfällt, mir das vorzustellen, wird vielleicht jemand zum Anlaß nehmen, mich zu belehren: Schwer fallen hat noch eine weitere Bedeutung, es bedeutet nämlich neuerdings auch das, was schwerfallen bedeutet. Man darf es, der Rechtschreibkommission zufolge, an dessen Stelle schreiben.
Ich weiß nicht, ob das stimmt. Aber wir wollen es einmal annehmen. Dann stellt sich allerdings die Frage: Darf denn diese Kommission das?
Sie darf es nicht. Daß zwei mal zwei fünf ist oder daß sich die Sonne um die Erde dreht, darf keine noch so demokratisch zustande gekommene Kommission beschließen. Sie hat herauszufinden, was richtig ist, und das hat sie dann, wenn's schon sein muß, festzusetzen. Und so ist es in unserem Fall auch.


[1] ZEIT-ONLINE 21.10.10