Freitag, 26. Februar 2016

Grundlos

„Für eine Aufkündigung des staatlichen Glücksspielmonopols, wie von CDU und FDP geplant, gibt es hingegen keine Begründung – weder inhaltlich noch finanziell.“ Das schreibt die finanzpolitische Sprecherin der Fraktion der Grünen im Landtag von Schleswig-Holstein.[1]
Was „weder inhaltlich noch finanziell“ heißen soll, weiß ich nicht. Davon abgesehen:  Ich glaube ihr nicht. Die werden schon eine Begründung mitgeliefert haben. Bei der FDP könnte ich mir vorstellen, daß sie diesen Plan wie üblich damit begründet hat, daß private Unternehmen viel effizienter arbeiten und so aus Glücksrittern, Süchtigen und Deppen mehr herausgeholt werden kann. Aber nicht nur eine Begründung, auch einen Grund dürfte es geben. Vielleicht liegt er darin verborgen, daß die Initiatoren dieser Neuerung enge freund- oder verwandtschaftliche Beziehungen haben zu denen, die von der Aufhebung des Monopols profitieren, man kennt das ja. – Die finanzpolitische Sprecherin wollte sicher sagen, daß die beiden Parteien keinen guten Grund haben.


Sonntag, 14. Februar 2016

Anti-Aging

Es heißt, unsere Gesellschaft wird immer älter. In jeder Hinsicht gilt das nicht.
„Können Sie Chef?“ fragt der Spiegel.[1] Könnte mein zweijähriger Enkel lesen, würde er antworten: „Ich auch kann Chef!“

Montag, 8. Februar 2016

Star Wars

„Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis“, die von allerlei merkwürdigen Wesen bevölkert war, und von US-Amerikanern. Man erkennt das daran, daß sie einander mit „Sir!“ anbrüllen und militärische Dienstgrade haben wie „Captain“ und „Lieutenant“. Engländer werden es wohl nicht sein, die benehmen sich anders. – In der Schule haben wir gelernt, daß es US-Amerikaner erst seit ein paar Jahrhunderten gibt. Wir werden wohl umlernen müssen.
Aber dann komme ich ins stolpern. Natürlich hat der Drehbuchautor, ein Kalifornier, „Sir“ geschrieben. Er nahm sicher an, daß man in jener Galaxis nicht „Sir“ gesagt hat, sondern dafür ein Wort in der Galaxis-Sprache hatte. Und mit Sicherheit ist er davon ausgegangen, daß man „Sir“, wenn man sein Buch in  andere Menschensprachen übersetzen wird, auch übersetzen wird, ins Deutsche vor allem mit „Jawoll!“, manchmal auch mit „Hier!“ oder „Herr!“, oder mit „Jawoll, Herr Hauptmann!“. Aber die Deutschen tun das nicht. Sie  lassen „Sir“ stehen. Da ist keine andere Interpretation möglich als die: Sie glauben, in jener Galaxis habe man so gesprochen; die Galaxis-Menschen waren US-Amerikaner. Wie auch sonst: Ist es denn einem anderen Volk möglich und zuzutrauen, derartige Entfernungen zu überwinden und andere Planeten zu besiedeln? Oder auch Planeten in Sekundenschnelle zu pulversisieren?

Sonntag, 7. Februar 2016

Neue Gleichheit

„RAUS mit allen imigranten kindern die denken sie könnten sich hier benehmen wie tiere. Die müssen knallhart des landes verwießen werden...“[1] Das ist aus einem von etwa 100 Kommentaren unter einem Youtube-Film, in dem es um Zustände an Hauptschulen mit vielen türkischen Kindern geht. Einige der Kommentare sind von Türken oder deutschen Nachkommen von Türken verfaßt. Man kann das an der Art, wie sie schreiben, erkennen, nicht aber daran, daß Ihr Deutsch schlechter wäre. Fast ohne Ausnahme haben die Kommentare das sprachliche Niveau des obigen Zitats, ob sie nun meinen, das imigranten kinder des landes verwießen werden müßten oder ob sie einer Überzeugung anhängen, die sich vornehmlich in Sätzen ausdrückt wie „WOllt alle nur schläge Und wenn ihr schläge bekommt gleich Polizei Anwalt oder Mutter sagen Luschen ihr !“.



[1] http://www.youtube.com/comment_servlet?all_comments=1&v=HdlUbCDZD1g

Donnerstag, 4. Februar 2016

Journalisten verloren im Job


Seit mindestens 20 Jahren gibt es „Job“ in seiner heutigen Bedeutung im Deutschen. Aber einige Verbindungen mit anderen Wörtern wollen und wollen die Deutschen offenbar nicht annehmen, obwohl man sich in der Parallelgesellschaft der Journalisten seit vielen Jahren darum verzweifelt bemüht. Die Verbindung „im Job“ fand ich mit Google auf Zeit-Online 127.000 mal. Da gibt es Aggressivität im Job, Gefühle im Job, Mama im Job, private Mails im Job, Körpersprache im Job usw. usf. Im wirklichen Leben habe ich aber noch niemanden getroffen, der so redet. Alle sagen nach wie vor bei der Arbeit, auf der Arbeit oder etwas ähnliches. Wie kommt das?


Montag, 1. Februar 2016

Freundlichkeitskultur

Der Internetauftritt kinderfreundlichkeit.com gehört einer „Initiative für mehr Kinderfreundlichkeit in Herne und Umgebung“.[1] Darauf haben wir schon lange gewartet. Die Kinder in Herne und Umgebung waren ja auch sowas von unfreundlich. Auch für die Umweltfreundlichkeit sollte man etwas tun. Seit Wochen regnet es bei Temperaturen um die 10 Grad, und das im Februar. Insbesondere die klimatischen Umweltfaktoren (nach WikipediaStrahlungsverhältnisse, die Lufttemperatur und die Luftfeuchtigkeit, Niederschläge, sowie verschiedenste Wettererscheinungen, wie Nebel, Winde oder Blitze“) verhalten sich außerordentlich unfreundlich. Dabei haben wir ihnen doch gar nichts getan.
Aber, so wendet einer ein, kinderfreundlich heißt doch nicht, daß die Kinder freundlich sind, sondern daß man zu den Kindern freundlich ist. Menschenfreundlich ist der Philanthrop, der Menschenfreund, der Freund der Menschen. Gut, aber die Kinderfreundlichkeit ist die Freundlichkeit der Kinder, wenn sie auch im Zuge der vor, glaub ich, etwa drei bis vier Jahrzehnten ausgebrochenen Freundlichkeitsepidemie die Nebenbedeutung der Freundlichkeit zu den Kindern angenommen hat. Und wie ist's, frag’ ich, mit diesem Satz: „Leicht und vitaminreich und deshalb ebenfalls höchst saunafreundlich: die leckere Salatauswahl.“[2] Oder mit wellnessfreundlich und schnäppchenfreundlich? Wie soll man das anstellen: zur Wellness und zum Schnäppchen oder zur Sauna freundlich sein?
Die Epidemie hat teils zu erwartende, teils erstaunliche Kreationen hervorgebracht: suchmaschinenfreundlich, servicefreundlich, jobfreundlich, spaßfreundlich, eventfreundlich, outdoorfreundlich, actionfreundlich, aktionsfreundlich, kompetenzfreundlich, aber eigenartigerweise nicht sprach- und kernkompetenzfreundlich, sexfreundlich (angeblich das Christentum in Wirklichkeit), dynamikfreundlich, nachhaltigkeitsfreundlich (überhaupt alles, wozu man auch -gerecht sagen kann), nicht nur kundenfreundlich, sondern auch kundennah und preisfreundlich. Businessfreundlich ergab nur 115 Google-Treffer (businessgerecht auch nicht allzu viel mehr, nämlich 542) – überraschenderweise, wo doch der Zeitgeist zu nichts freundlicher ist als zum Geschäftswesen. Nicht weniger erstaunlich: genderfreundlich nur 106, dagegen die Hundert-Prozent-Synonyme – soll bloß kein Schlaumeier daherkommen und widersprechen – gendergerecht 18.700, frauengerecht 5.770, frauenfreundlich 52.600. Migrationsfreundlich aber, man mag es kaum glauben, erbrachte lediglich 166 Treffer, migrantenfreundlich 749, die Synonyme migrationsgerecht und migrantengerecht nur 76 bzw. 75. Integrationsgerecht kam nur auf 10, integrationsfreundlich aber auf die vergleichsweise ungeheure Zahl von 2.310.
Wer löst dies Rätsel nur? Wer hilft mir auf die Spur? (Gasparone)





[1] http://www.kinderfreundlichkeit.com/
[2] http://www.2bstar.de/advert/show/sort/Auctions.priceSegment/dir/desc/page/10/var/404/kostbar