Freitag, 29. Januar 2016

Wirklich nicht

„SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold ruft dem Minister zu: ‚Wir haben die Sorge, dass Sie“ – er meinte den Herrn von Guttenberg – „diesem Amt nicht wirklich gewachsen sind."[1] 
Herr Arnold war damals also der Meinung, daß Herr von Guttenberg seinem Amt gewachsen war. Das freut den Bürger, denn wenn sogar die Opposition dieser Meinung ist, dann müssen wir ja wirklich einen guten Verteidigungsminister gehabt haben. Etwas unklar ist, was Herr Arnold mit dem „nicht wirklich“ meint. Von Guttenberg ist dem Amt gewachsen, wenn auch auf eine unwirkliche Weise? Eine gespenstische Weise? Hat der Verteidigungsexperte vielleicht gerade einen amerikanischen Fantasy-Film gesehen? Da kommt so etwas manchmal vor, und oft wird da ja „not really“  etwas allzu locker mit „nicht wirklich“ synchronisiert.
Ob es gut oder schlecht für Deutschland ist, wenn der Verteidigungsminister seinem Amt zwar gewachsen ist, aber nicht wirklich, weiß ich nicht. Doch vielleicht hat ja nur der Setzer die Wörter vertauscht und es sollte „wirklich nicht“ heißen. Das wäre schlecht für Deutschland.




[1] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,667512,00.html


Montag, 11. Januar 2016

Steller und Aufsteller

An die „sozial Schwachen“ im Jargon unserer Politiker hat man sich gewöhnt. Es ist ja verständlich, daß man die Armen verstecken muß, auch sprachlich, hat man doch vor der Wahl versprochen, daß es keine mehr geben wird, wenn man gewählt wird. Aber jetzt setzen sie noch eins drauf:
„Peter Kaiser, CDU: Die steigenden Preise für Strom und Gas werden jeden von uns treffen. Sie werden erschreckend viele Menschen sogar an ihre ohnehin eng gesteckten Grenzen bringen, sozial schwach gestellte Haushalte schlimmstenfalls in die Zahlungsunfähigkeit manövrieren.“[1]
Wie oft bin ich in meinem Leben schon schwach geworden. Aber mich schwach zu stellen hat bisher nichts und niemand geschafft, sieht man von mir selbst ab.
Wenn man sich die Liebe des Politikerjargons zum Aufstellen von allem und jedem ins Gedächtnis ruft, dann wundert man sich, warum es nicht längst üblich ist, „sozial schwach gestellt“ in dieser Weise zu steigern. Einen einzigen Treffer erzielte ich bei Google, und den gewährte mir ein Politik-Amateur:
„Die Steuergelder, die evtl. bei Opel verbrannt werden, fehlen später an anderer Stelle. Wo ? Ganz einfach. Bei den Arbeitslosen und weiteren Menschen, die sozial schwach aufgestellt sind.“[2]
Man muß sich keine Sorgen machen. Jetzt ist es zwar nur einer. Aber es kommt.





[2] Ein Kommentator auf http://www.wdr.de/themen/wirtschaft/wirtschaftsbranche/opel/interview_Ford_020309.jhtml?showAllComments=1&offset=48


Freitag, 8. Januar 2016

Fachjargon

Ein Fachjargon darf sich von der deutschen wie von jeder anderen Sprache beliebig weit entfernen, behaupten einige. Aber manchmal treibt man es zu weit, es gibt Grenzen der Dämlichkeit. Das „nichttarifäre Handelshemmnis“ hat sie weit überschritten.



Mittwoch, 6. Januar 2016

Vom Nutzen des Denglischen für die private Chinareise

„Durch die Verwendung von Anglizismen ergeben sich eigentlich mehr Vor- als Nachteile, solange es sich dabei nicht um vermeidbare oder Pseudo-Anglizismen handelt“. Das behauptet einer, bei dem man „Wording“ lernen kann.[1]
Nur der Aussage im Hauptsatz ist zuzustimmen, denn was wiegt schon das ungeheure Blähpotential auf, das Anglizismen für jemanden haben, der unter seiner provinziellen, d. h. deutschen Herkunft leidet? Diesen Dienst leisten aber gerade vermeidbare Anglizismen. Unvermeidbare lassen sich nun einmal nicht vermeiden. Mit ihnen schafft man es darum nicht, sich aus der Masse der anderen Provinzler und derer, die sich dafür halten, herauszuheben, denn diese müssen diese Anglizismen, da unvermeidbar, auch benutzen. Und Pseudo-Anglizismen bringen einen nur dann in Schwierigkeiten, wenn’s einer merkt, aber wann kommt das schon einmal vor?
Der mit dem Blähpotential verbundene Hauptvorzug der Anglizismen ist unserem Sprach- oder Sprechlehrer aber seltsamerweise gar nicht der Erwähnung wert. Ihm erscheint statt dessen folgendes von Bedeutung: „Auch für private Auslandsreisen sind gemeinsam benutzte Vokabeln von Vorteil.“
Ich glaube aber nicht, daß in Schanghai oder Rio ein Satz wie dieser verstanden wird: „Unter dem Label 'Outdoor Challenge' bietet das Trainingsunternehmen Process One seit 15 Jahren Outdoortrainings, Outdoorevents und Outdoorprojekte an. Diese können als Stand-alone-Maßnahme realisiert oder in ein vorgegebenes Programm integriert werden“. Er wird ja auch von vielen Deutschen nicht verstanden, von mir z. B. nicht. Da wird man am Ende doch nicht darum herumkommen, anstatt Anglizismen ins Deutsche einzubauen – nein, nicht die Sprachen, die man in Rio oder Schanghai spricht, Gott bewahre, sondern Englisch zu lernen.





[1] http://www.www-kurs.de/wording.htm


Freitag, 1. Januar 2016

Ressourcenverschwendung in Mannheim

Wir haben zweiteres überstanden und auch schnellst wachsend, aber es kommt immer noch dicker:
„Konflikte ressourcevoll lösen in Mannheim“.[1]
Darf das sein? Kann man denen nicht den Führerschein entziehen? Oder wenigstens das Hochschuldiplom, das sie ja sicher haben? Was die da vorhaben in Mannheim, ahnte ich nicht im Entferntesten, suchte deshalb im Internet und fand:
„Sie sind daran interessiert, dass Ihr Gegenüber sich gestärkt und aufgebaut fühlt, eben resourcevoll ist“.[2]
Ich vermutete, daß es im Amerikanischen ein ähnliches Wort gibt; in der Tat: resourcefull kennt das Wörterbuch, es hat aber nichts damit zu tun, daß jemand sich gestärkt und aufgebaut fühlt, sondern heißt einfallsreich, erfinderisch. Das hat man nun einzudeutschen versucht, allerdings meinte man wohl, es werde „voll (full) mit Ressourcen“ bedeuten – was immer das nun wieder bedeutet. Ressourcen werden sicher das sein, was man in sich hat, wenn man sich gestärkt und aufgebaut fühlt. Oder so ähnlich; oder auch nicht. Egal, Hauptsache man hat ein Wort zum Eindruckmachen. Leider bemerkt man nicht, welchen Grad an zerebraler Devastation es indiziert.

Immerhin, ressourcevoll ergibt 1900 Treffer bei Google, resourcevoll nur eine Handvoll. Die guten alten französischen Fremdwörter haben manchmal doch noch eine gewisse Widerstandskraft.