Freitag, 10. Juni 2011

Seefahrt tut not

Als man ihn einst fragte: Ernstl, was willst du werden?, rief er: Tapitän! (Karl Kraus)
Früher, als die Knaben gehobener Schichten Matrosenanzüge trugen, wußte jedes Kind, was eine Flotte ist, weil Kaiser Wilhelm so gerne mit Schiffen spielte und wollte, daß Deutschland eine Seemacht werde. Dieses Wissen ist verlorengegangen.
Begonnen hat das, als Flugzeuge aufkamen, in die eine ganze Gruppe von Leuten hineinpaßte. Da wollte einer einen Scherz machen und begrüßte die anderen mit einem „Willkommen an Bord“. Mit der Privatisierung der Bahn – oder auch schon etwas früher, um die Leute auf diese vorzubereiten, also etwa gleichzeitig mit der Erfindung von „Infopoint“ – sollten die Hochgeschwindigkeitszüge zu Flugzeugen erklärt werden, weil das mehr hermacht, man hat den ICE aber versehentlich zu einem Schiff erklärt: Man wurde nun auch hier mit einem „Willkommen an Bord“ begrüßt. Das war aber damals ausschließlich beim ICE so. Doch vor kurzem, am 4. Januar 2011, schrieb – na wer wohl, bei der sprachlichen Revolution hat natürlich sie die Nase vorn – die taz, daß in Berlin der marode Zustand der Flotte ans Licht gekommen ist, und gemeint ist die S-Bahn.
Das ist der Damm- bzw. Durchbruch. Bald wird jede Familie ihren Fahrradbesitz Flotte nennen. Der Papa (für die Jüngeren: der Dad) ist der Admiral, jeder Vierjährige ist Fahrradkapitän und bekommt einen Matrosenanzug.

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