Dienstag, 4. Oktober 2011

Katzenberger’s Chicken Walk


Nicht lange bevor der Steckeleslauf zu seinem Siegeszug durch Deutschland ansetzte, weil einer auf die Idee kam, ihn nicht so, sondern Nordic Walking zu nennen, hatte eine Art der fußläufigen Fortbewegung ihre kurze Blüte, die bloß Walking hieß. Groß war der Unterschied nicht, nur die Stecken fehlten halt, und der Anblick war eher noch lächerlicher.
Erfunden hat man das Walking schon früher, und zwar war es der Dr. Katzenberger. Auf die Frage des dickleibigen Fürsten von Großpolei, welche Motion die beste sei, antwortete er: „Das Gehen, Durchlaucht“. Darauf der Regent: „aber ich gehe täglich, und es hilft nur wenig.“ „’Wahrscheinlich darum’, sagte der Doktor, ‚weil Höchstderoselben vielleicht nur mit den Füßen gehen; was zum Teil seine Nachteile hat – (der Fürst sah ihn fragend an) denn auch mit den Händen muß zu selber Zeit gegangen und sich bewegt werden (...) Daher müssen durchaus die Oberfüße oder Arme als Mitarbeiter – wenigstens von hohen Personen, die mit ihnen nicht am Sägebocke oder hinter dem Garnwebestuhl oder auf der Drechselbank hantieren wollen – gleichstark mit den Unterfüßen auf und ab geschleudert werden.’ (...) Er setzte nun die Sache mehr ins Licht und zeigte: das Venenblut steige ohnehin schwer die Füße herauf, häufe sich aber noch mehr in ihnen an, wenn man sie allein in Bewegung und Reizung setze (...). Und hier machte der Doktor dem Fürsten den offizinellen Gang mit gehenden Perpendikelarmen so geschickt vor,“ daß der Fürst schließlich lächelnd sagte: „dies muß man versuchen, wenn auch nicht in großer Gesellschaft.“[1]
Eben dies hat man 200 Jahre später nicht mehr in Erinnerung und schert sich den Teufel darum, ob einer zusieht. Einwände der Art, wie sie der Fürst vorgebracht hatte, werden durchwegs mit Argumenten des Dr. Katzenberger beiseitegewischt.
Mir ist schon kurz nach Beginn des späten Siegeszugs der Idee des letzteren (für die, die mit der Zeit gehen: des zweiteren) folgender Gedanke gekommen: Wenn die fürstlichen ästhetischen Bedenken ohnehin nicht zählen, dann möge man’s tun, aber dann bittschön konsequent. Unter medizinischen Gesichtspunkten ließe sich nämlich durchaus noch einiges verbessern. Denn warum soll man es beim Schwingen von Beinen und Armen belassen, wo sich doch noch etliche andere Körperteile im Dienste der Gesundheit in Bewegung setzen ließen? Beispielsweise – so mein Gedanke – könnte man im Takte der Schritte wie ein Vogel den Kopf vor- und zurückstoßen. Damit die Erfindung nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland Anklang fände, schlug ich den Namen Chicken Walk vor. Leider stieß ich auf taube Ohren.


[1] Jean Paul, Doktor Katzenbergers Badereise.

1 Kommentar:

Stephanus hat gesagt…

"Leider stieß ich auf taube Ohren."

... weil keine Hühner oder Hähnchen den Ruf in Hünerische übersetzen konnten?