Sonntag, 6. Februar 2011

Nordic Walking

Axel Hacke hat die Auffassung vertreten, daß man dann, wenn man irgend etwas, z. B. ein besonders eigenartiges Verhalten, fördern möchte, nur seine Bezeichnung ins Englische übersetzen müsse. „Wer machte Waldlauf, als der Waldlauf noch Waldlauf hieß? Kaum aber taufte man ihn Jogging, rannten wir morgens die Isar auf und ab. …. Vielleicht sollten wir es mit Geistestätigkeiten genauso machen? Nicht mehr »Lesen« sagen, sondern Reading? Oder Bookness?[1]
Das müßte doch auch umgekehrt funktionieren. Wenn man etwas besonders Störendes aus der Welt schaffen möchte und dieses im Deutschen eine englische Bezeichnung hat, dann muß man sich nur eine deutsche Übersetzung ausdenken oder die alte deutsche Bezeichnung benutzen. Nun bietet zweifellos weniges einen derart dämlichen, ja dusseligen Anblick wie bejahrte Damen und Herren, die mitten im Sommer mit verbissenem Blick – der fehlt nie, man macht das ja nicht zum Vergnügen – sich mit Skistöcken durch die Gegend staken. Sie machen das nur, wie wir von Axel Hacke erfahren, weil es „Nordic Walking“ heißt.
Ich möchte, um es zum Verschwinden zu bringen, dafür das Wort „Steckeleslauf“ in Vorschlag bringen. Das hat den Vorteil, daß es, obwohl ein Kunstwort, im schwäbischen und fränkischen Sprachraum vertraut klingen dürfte, weshalb sich hoffen läßt, daß es dort bald einen Brückenkopf bildet. In anderen Landesteilen wird man es mit dem genannten Sprachraum in Verbindung bringen, und darum wird ihm bald ein Geruch von Provinzialität anhaften, der noch viel penetranter ist als der, den die Deutschen am Deutschen vermuten und dieses deshalb panisch fliehen. Auf der anderen Seite eignet es sich nicht als universell einsetzbares Heimatlichkeitssymbol, wie es bei bayerischen Wörtern so häufig der Fall ist – „Schmankerl“ ist inzwischen auf den Speisekarten in ganz Deutschland zuhause, auch da, wo man die Endung gar nicht aussprechen kann, z. B. in Franken. „Steckeleslauf“ aber klingt einfach nur nach Provinz. Nicht bestreiten will ich, daß sich in Anlehnung an das Sächsische vielleicht eine noch wirksamere Waffe gegen diese Geißel der Nation schmieden ließe.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Beim Steckeleslaufen wird mir schon vom Lesen ganz warm ums Herz.

Matthias Lampert

isabo hat gesagt…

Oder man nennt es gleich "am Stock gehen", das macht dann niemand mehr freiwillig.

Ludwig Trepl hat gesagt…

Ich war bisher der Meinung, daß "Steckeleslauf" meine eigene Erfindung ist. Aber nun hat mich Herr M. L. aus Salzburg aufgeklärt: Er hat das Wort in einem "Chatroom" aus den 90er Jahren gefunden. Das stimmt hoffnungsfroh, denn es gibt offenbar einen dringenden Bedarf.