Die Sprachkompetenz (siehe Sprachkompetenz im Umfeld) meines zweijährigen Enkels läßt noch ein wenig zu wünschen übrig. Sein Wortschatz genügt in erster Linie ökonomischen Kriterien: Wörter, die nicht unbedingt nötig sind, schafft er sich erst gar nicht erst an. Nötig sind vor allem Eigennamen wichtiger Persönlichkeiten wie Mama, Pippi (Langstrumpf) und Bob (der Baumeister). Nötig sind auch Wörter mit sehr weitem Anwendungsbereich, denn mit einem jeden von diesen erspart man sich das Lernen vieler anderer. Eines davon ist bauz. Wenn eine Tasse vom Tisch fällt oder er selbst vom Stuhl: bauz. Wenn er über einen Stein stolpert oder einen Holzklotz auf den Boden donnert: bauz. Die sprachlichen Möglichkeiten, diese doch sehr verschiedenartigen Vorgänge differenziert in Worte zu fassen, stehen ihm noch nicht zu Gebote.
Das pflegt mit dem Heranwachsen besser zu werden. Aber dann kommt gewöhnlich ein Rückschlag, nämlich in dem Alter, in dem nach den Masern, den Windpocken und allerlei anderen Kinderkrankheiten die sogenannte Jugendsprache ausbricht. Für eine Unzahl höchst verschiedener Sachverhalte hat sich in dieser vor 10 oder 15 Jahren das Wort cool durchgesetzt. Von dem wußte man, abgesehen von ziemlich engen Kreisen, deren Mitglieder der Zeit weit voraus waren, vorher nur, daß es im Englischen außer kühl auch lässig bedeutet.
Auch bestimmte Berufsgruppen, z. B. Politiker, nähern sich jenem Prinzip frühkindlichen Wortgebrauchs mehr und mehr an. Ob gespart oder ausgegeben wird, ob man vorhat, mittels irgendwelcher Tricks dem Gegner zu schaden oder eine Wahl gewinnt: Immer wird gefahren. Die Ausgaben werden heruntergefahren oder hochgefahren, eine Strategie wird gefahren und am Wahlabend werden die Ergebnisse eingefahren[1].
Ich schlage vor, den Angleichungskurs an die Sprache der Kleinkinder noch viel konsequenter zu fahren. Baron zu Guttenberg steht vor dem Untersuchungsausschuß und wird gefragt: „Was geschah, nachdem Oberst Klein den Befehl gegeben hatte?“ „Bauz!“ „Und was geschieht mit dem Verteidigungsminister, wenn er unsere Fragen nicht richtig beantwortet?“ „Bauz!“
[1] siehe „Eingefahrene Mißernte“ (http://deutsche-sprak.blogspot.com/2011/02/eingefahrene-miernte.html).
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