Mittwoch, 21. September 2011

Grundprobleme des Katholizismus 1: Prälaten-Meisterstück

„Um Mißbrauch auch in kirchlichen Einrichtungen zukünftig zu verhindern, sind wir gezwungen, genau hinzusehen. Wir müssen das Leid der Opfer sehen, deren Würde zutiefst verletzt wurde. Wie können wir ihnen beistehen und helfen, um diese Erfahrungen zu verarbeiten?“ Das schreibt Prälat Dr. Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes, in Nr. 20 von die Gesellschafter.de, einer „Initiative der Aktion Mensch“, Juni 2010.
Für die Zukunft der deutschen Sprache läßt hoffen, daß die Mehrheit der Deutschen die Hinterlist, die in dem Wörtchen „auch“ steckt, bemerkt und der katholischen Kirche einen nie dagewesenen, nicht einmal von der FDP erreichten Absturz in den Meinungsumfragen beschert hat. „Auch“, also vor allem anderswo und bei uns leider halt auch ein wenig, sind schlimme Dinge passiert. Da hat man die Würde von Opfern "zutiefst" verletzt.
Man will das verhindern, und zwar zukünftig, d. h. nicht gleich, nicht allzu schnell. Das will man, wenn ich den Herrn Prälaten richtig verstehe – so ganz eindeutig ist das nicht, was er schreibt –, aber nicht etwa erreichen, indem man dafür sorgt, daß dergleichen nicht mehr geschieht, denn dann gäbe es ja keine Opfer mehr, denen man beistehen und helfen kann, ihre Erfahrungen zu verarbeiten. Aber eben das will man. Wenn in den „zurückliegenden Wochen Fälle sexuellen Mißbrauchs bekannt geworden“ sind – „meist liegen sie viele Jahre zurück“ (ebd.), weil, so darf man wohl ergänzen, die Fälle der jüngeren Zeit halt ihre Zeit brauchen, um bekannt zu werden –, dann haben die „Verantwortlichen in den betroffenen Einrichtungen“ „stets schnell reagiert.“ (Ebd.) Also nicht in den betreffenden Einrichtungen, sondern in den betroffenen, denn vom Mißbrauch waren nicht die Opfer, sondern die Einrichtungen betroffen. Das ist aber nicht ganz richtig, denn die waren nicht vom Mißbrauch, sondern von dessen Bekanntwerden betroffen.

Übrigens: die Gesellschafter.de ist, anders als diese Bezeichnung nahelegt, kein Internetauftritt, sondern ein Druckerzeugnis. Das ist zukunftsweisend. Wahrscheinlich werden Bücher bald nicht mehr wie ein Buch, sondern wie ein Laptop aufgeklappt und überhaupt wie einer aussehen und wie eine Datei heißen, damit sie noch einer kauft. Die „Initiative Aktion Mensch“, von der die Gesellschafter.de herausgegeben wird, hieß früher „Aktion Sorgenkind“. Sie hat unter diesem wohlüberlegten und überhaupt überaus gelungenen Namen viel Segen gestiftet. Ob ihr das nach der Auswechslung von „Sorgenkind“ noch gelingen wird, diese Frage erfüllt uns mit Sorge. Immerhin ist „Mensch“ vom so ziemlich erhabensten Wort des achtzehnten Jahrhunderts im späten zwanzigsten zu einem der zuverlässigsten Debilitätsindikatoren herabgesunken.





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