Dienstag, 6. Dezember 2011

Ruhig stellen

Ohne Kundenqualifizierung sieht sich ein Verkaufsteam dazu genötigt, sich bevorzugt den ‚unangenehmen’ laut schreienden Kunden zuzuwenden, um diese ruhig zu stellen.“[1]
Warum das ganz unbescholtene Wort unangenehmen in Anführungszeichen steht, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Sich den angenehmen laut schreienden Kunden zuzuwenden – die es ja auch geben muß, sonst hätte man nicht betonen müssen, daß sich das Verkaufsteam den unangenehmen unter den laut schreienden zuwendet –, dazu sieht das Team sich offenbar nicht genötigt. Was aber soll „um diese ruhig zu stellen“ heißen? Ich sehe mehrere Möglichkeiten: Vielleicht möchte man sie in aller Ruhe stellen, d. h. erwischen, fassen, so ruhig, wie ein routinierter Polizeihund den Dieb stellt. Oder man will die Kunden in aller Ruhe stellen, d. h. hinstellen und nicht etwa legen oder setzen. Oder ruhig ist im Sinne von „Das kannst du ruhig machen“ gemeint, d. h. du kannst sie stellen, ich hab nichts dagegen. Ausgeschlossen ist aber die Bedeutung: den Kunden so behandeln, daß er aufhört, im Laden herumzukrakeelen. Denn dann müßte es ruhigstellen heißen, nicht ruhig stellen.

Damit man nicht denkt, solche Konfusion sei nur in den bildungsfernen Schichten möglich, die Beiträge zur Kundenbewertung in Vertriebslexika verfassen: Auch in unserem Bildungsbürger-Zentralorgan geht es neuerdings so zu:
„Es gäbe ja durchaus einiges zur Rolle Albert Speers im Dritten Reich und zu Hitlers letztem Tag richtig zu stellen“.[2]

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