„Nun erkoren ihn [Che Guevara] selbsternannte Revolutionäre in allen Teilen der westlichen Welt zu ihrem Vorbild – darunter auch Rudi Dutschke“, schreibt die Berliner Morgenpost.[1]
Das ist so eine Art schwerstes Geschütz der Journalisten aller Zeitungen der westlichen Welt, nicht nur der Schreiberlinge von der Springerpresse. Immer, wenn sie einen Revolutionär ganz besonders nicht mögen, dann nennen sie ihn einen selbsternannten. Wenn er dagegen bei einer ordentlichen Revolutionärswahl vom Volk gewählt worden ist, aber auch dann, wenn ihn die Regierung zum staatlich anerkannten Revolutionär ernannt hat, bleibt ihnen nichts übrig, als ihn, wenn auch widerstrebend, ein wenig sympathisch zu finden. Weil aber beides nicht vorkommt, können sie doch allen Revolutionären ein Höchstmaß an Abneigung entgegenbringen.
„Ich wende mich im Wesentlichen gegen die Heilserwartung, die Internetapologeten oder selbst ernannte Evangelisten an das Internet stellen.“ So ein Journalist, der irgend etwas gegen das Internet hat, in der Zeit.[2]
Evangelisten haben also nicht Erwartungen an das Internet, sondern stellen sie. Wie aber stellt man eine Heilserwartung? Mit Marx vom Kopf auf die Füße? Oder am besten möglichst weit weg, damit sie einen nicht dauernd belästigt, weil sie nicht in Erfüllung gehen mag?
Und will der Herr Journalist uns etwa sagen, daß die Internetapologeten oder selbst, d. h. sogar ernannte Evangelisten eine Erwartung stellen? Nicht unwahrscheinlich, denn daß ausgerechnet Evangelisten das Heil vom Internet erwarten, erwartet man ja nicht, da scheint uns das „selbst“ schon angebracht. Aber was sind ernannte Evangelisten? Kriegen die eine Ernennungsurkunde, und wer ernennt sie? Gab es damals vielleicht einen Herausgeber des Neuen Testaments, der nicht nur Apostel und Epistelschreiber, sondern selbst, d. h. sogar Evangelisten ernannt hat? Kein abwegiger Gedanke; so könnte es gewesen sein.
Oder hat der Journalist nicht selbst ernannt, sondern selbsternannt sagen wollen? Wollte er, wie es all die anderen seiner Zunft mit den Revolutionären machen, die Evangelisten schlechthin schmähen, indem er sie durch die Bank zu selbsternannten erklärt? Denn ernannte gibt es nicht; Mathäus, Markus, Lukas und Johannes haben einfach ganz von selbst, von sich aus angefangen zu schreiben. So stelle ich mir das jedenfalls vor. Oder ist der Journalist ein gläubiger Christ, der meint, Gott habe sie ernannt? Auch nicht ausgeschlossen. Wie viele Rätsel doch in einem so einfachen Wort stecken!
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