Samstag, 19. November 2011

Demokratie, Bürokratie und Aristokratie

Im Blog des Linguistikprofessors A. Stefanowitsch[1] tobte vor kurzem ein Kampf darum, ob es der oder das Blog zu heißen hat:
„Nur liegen mein Sprachgefühl und der Duden da falsch: der Blog ist die dominante Form, nur eine Minderheit der deutschen Sprachgemeinschaft bevorzugt das Blog ... Mir, und allen anderen, für die es das Blog heißen muss, sage ich deshalb: Der Kampf ist vorbei. ... Sprachgefühl hin oder her, man muss wissen, wann es Zeit ist, aufzugeben.“
Mir sagt mein Sprachgefühl, daß es der Blog heißen muß, auch wenn die Herkunft von „Weblog“ das Blog logisch erscheinen läßt. Vermutlich liegt es bei mir daran, daß ich aufgrund des Dialekts, mit dem ich aufgewachsen bin und der mein Sprachgefühl regiert, zwischen „Blog“ und „Block“ keinen Unterschied bemerke. Aber wie auch immer: Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich in diesem Fall – es handelt sich um ein Kunstwort, da ist's oft schwierig – entschieden hat, was richtig ist.
Das aber entscheidet das Sprachgefühl, und zwar derer, die Deutsch können, nicht das einer Mehrheit, wie Herr A. S. und die anderen demokratischen[2] Sprachbürokraten meinen, und auch nicht das einer regelkonform eingesetzten Kommission, wie die undemokratischen Sprachbürokraten meinen. Die einen wie die anderen glauben, Sprache sei rundum eine Sache der Konvention. Ob man nun meint, eine Konvention habe sich zwanglos herauszubilden oder ob man meint, da seien vor allem bestimmte Verfahren einzuhalten wie nach Ansicht der Rechtspositivisten bei der Gesetzgebung, ist sekundär. Nein, liebe Sprachbürokraten, ich muß mich hier politisch outen[3]: In der Welt der Sprache geht es aristokratisch zu, und ich bin dafür. Es ist, wenn auch aus anderen Gründen, wie in der Wissenschaft: Nicht die Stimmen der Heerscharen zählten, die die Erde für eine Scheibe hielten, sondern die der wenigen, die es besser wußten.
NB: Damit nicht einer meint, ich zählte mich zu denen, die Deutsch können und dann, wie es die Art dieser Leute ist, loszetert, ich sei Anhänger einer aristokratischen Weltanschauung und möchte unsern Kaiser Wilhelm wieder haben usw.: Ich zähle mich nur zu denen, die auf die hören, die Deutsch können, so weit ich es halt begreife.




[2] Detlef Gürtler hat Stefanowitsch den Titel „Sprachdemokrat“ verliehen, siehe http://blogs.taz.de/wortistik/2011/08/19/sprachdemokrat/.
[3] Mein Rechtschreibprogramm kennt dieses Wort nicht. Was ist da los? Konterrevolution?

2 Kommentare:

Stephanus hat gesagt…

Hoch! Ein Aristokrat des Geistes!

Ludwig Trepl hat gesagt…

Irrtum; haben Sie den letzten Satz nicht gelesen?