Donnerstag, 28. Juli 2011

Sinnmacher im Klassenkampf

Müller“ hat meinen Artikel „Sinnmacher“ kommentiert:
„‚Sinn machen’ ist mittlerweile deutsch. Es wirkt jedoch umgangssprachlich, im Gegensatz zu ‚Sinn ergeben’ und auch zu ‚Sinn haben’. Wer sich also gerne ‚gewählt’ ausdrückt, hat hier wieder eine schöne Möglichkeit mehr, sich von dem gemeinen Volk abzugrenzen.“
Ganz ist es noch nicht so, aber fast. „Sinn machen“ ist immer noch nicht einfach Umgangssprache, sondern Jargon gewisser Kreise, die sich, wie es bei gewissen Kreisen so häufig ist, für die Welt halten. Aber wenn es dann so weit ist: In der Tat, dann kann man sich, indem man Hochdeutsch spricht und „Sinn ergeben“ sagt (nicht „Sinn haben“, das funktioniert nicht, denn das sagt jeder), vom ordinären Volk distanzieren, ähnlich wie es einer tut, der seinen Sohn Hubertus-Ernst und nicht Kevin nennt. Aber zwei Einwände hätte ich doch. Erstens: Wer „Sinn machen“ sagt, hält das heute ja in aller Regel für Hochdeutsch. Zweitens: Daraus, daß die Hochsprache zur sozialen Distanzierung benutzt werden kann, zu folgern, daß man sie nicht sprechen oder schreiben sollte (ich vermute, daß „Müller“ das sagen will), ist ein wenig gewagt. Soll man sich von klassischer Musik fernhalten, weil sie ebenfalls diese Funktion hat? Kann man machen, das lief früher unter dem Namen „Proletkult“ und war, wenn ich richtig informiert bin, in der DDR sogar eine Zeitlang offizielle Linie der Kulturpolitik. Aber mir gefällt es nicht.

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