Freitag, 24. Februar 2012

Politik der Nähe


„Wäre es da eigentlich nicht viel nahe liegender, darüber zu diskutieren, ob auch homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen? Ich würde das begrüssen.“ (Gemeinderätin Hahn, SPÖ, Sitzung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz)[1]
Du Politikerin? SPÖ Politikerin? Gut! Du viel nahe? Nahe bei Menschen? Sehr gut! Was heißt liegender? Ich nicht gut deutsche Grammatik. Aber nahe liegen gut. Viel nahe stehen nix gut, tun Füße weh.

5 Kommentare:

Matthias Bauer hat gesagt…

Lieber Herr Trepl,
ich bin selbst beruflich mit dem Redigieren und Korrigieren deutschsprachiger Texte beschäftigt und ärgere mich ebenfalls oft über Fehler und Nachlässigkeiten. Die Art und Weise, in der sich dieser Beitrag damit auseinandersetzt, entsetzt mich jedoch zutiefst. Wenn ich lesen muss, wie hier aus einem lässlichen Grammatikfehler eine offensichtlich ressentimentgeladene persönliche Beleidigung wird, kann ich nur sagen: Das ist Ihres Anliegens unwürdig.

Ludwig Trepl hat gesagt…

Lieber Herr Bauer,
meinen Sie wirklich, daß das ein läßlicher Grammatikfehler ist? Und wieso kam der dann vor einigen Jahren noch nicht vor und jetzt immerzu? Nein, in diesem Fehler zeigt sich etwas von allgemeiner Bedeutung. Sollten Sie einmal etwas bei mir finden, was wirklich ein läßlicher Grammatikfehler ist, lassen Sie es mich wissen, denn die interessieren mich überhaupt nicht und ich hätte dann einen Fehler gemacht. Und wo sind denn die ressentimentgeladenen persönlichen Beleidigungen, die Sie "zutiefst" entsetzen? Politiker müssen das aushalten, bei jedem Kabarettauftritt wird ihnen mehr zugemutet.

gschleiderkneis hat gesagt…

Lieber Herr Bauer,

Sie haben Wut, Trauer und Betroffenheit vergessen.

Schöne Grüße.

Claudia Hahn hat gesagt…

Sehr geehrter Herr Trepl,

dank einer E-Mail von Herrn Matthias Bauer meldet sich die Deppenleerzeichensprechende (oder Deppenleerzeichen sprechende?) Gemeinderätin aus Linz nun persönlich.
Erst einmal freut es mich, dass Inhalte der Linzer Stadtpolitik es bis nach München schaffen.

Ich erkläre Ihnen jetzt, wie eine Gemeinderatssitzung in Linz so funktioniert: es werden Anträge eingebracht, die von einzelnen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten referiert werden. Danach gibt es eine Debatte zum Inhalt des jeweiligen Antrages. Eine Gemeinderatssitzung dauert meist zwischen drei und sechs Stunden. Im Gemeinderatssaal sind der Bürgermeister, die Stadtsenatsmitglieder und die Mitglieder des Gemeinderates anwesend. Und ganz vorne sitzen noch drei Damen: die Protokollführerinnen.
Diese drei Damen haben eine ganz wichtige Funktion: sie protokollieren alles, was bei so einer Sitzung so gesagt wird. Das Produkt ihrer Tätigkeit ist ein meist umfangreiches Protokoll. Eines davon geben Sie in Ihrem Blog als Quellennachweis an. Es könnte natürlich sein, dass ich bei meiner Wortmeldung das Leerzeichen bewusst ausgesprochen habe, aber das mache ich üblicherweise nicht.
Sie greifen in Ihrer Wortmeldung also eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung an und nicht mich. Dieses „Deppenleerzeichen“ ist nun einmal passiert, rechtfertigt aber in keiner Weise Ihre übermäßige Reaktion. Laut neuer deutscher Rechtschreibung schreibt sich „naheliegend“ nämlich als „nahe liegend“, wenn eine Entfernung (i. S. von „in der Nähe liegend“) damit gemeint ist – also gibt es das auseinander geschriebene (auseinandergeschriebene ?) „nahe liegend“ zumindest.

Doch siehe da: während ich diesen Text schreibe, ändert doch tatsächlich Microsoft Word das zusammengeschriebene „naheliegend“ in „nahe liegend“. Es wird doch wohl nicht an der Software liegen, dass der Fehler, wie Sie sagen, jetzt „immerzu vorkommt“... Schreiben Sie also am Besten einen Beschwerdebrief an Bill Gates!

Ich könnte mich natürlich auch auf Ihre Ebene der Diskussion herablassen und Sie fragen, ob Sie nicht eher ein Problem mit dem Thema haben, zu dem ich gesprochen habe, als mit dem „Deppenleerzeichen“. Das mache ich natürlich nicht.

Sonnige Grüße aus Linz, Gemeinderätin Claudia Hahn

Ludwig Trepl hat gesagt…

Sehr geehrte Frau Gemeinderätin,
das wußte ich natürlich, daß nicht die Gemeinderäte selber das Protokoll schreiben. Ich weiß aber auch, daß Sie wissen, daß ich das wußte.

Warum berührt es Sie überhaupt, daß Ihr Name auftaucht? Sie standen doch sozusagen nur zufällig im Weg; das geht Politikern nun einmal so, damit müssen sie leben. Die Namen normaler Menschen würde ich in einem ähnlichen Zusammenhang nicht nennen, und hätte ich den Namen der Protokollschreiberin gekannt, hätte ich trotzdem nicht ihren, sondern Ihren genannt.

Mir geht es nicht um Einzelne, die irgendwelche Fehler machen – ich mache selber genug –, sondern um den Zeitgeist, der sie macht. Ich weiß nicht, ob die Rechtschreibreform in unserem Fall mitschuldig ist. Nahe liegend mußte man auch früher schreiben, wenn gemeint war, daß etwas nahe liegt (und nicht etwa steht) und das tat man ganz selbstverständlich, weil man wußte, wie der Zusammenhang zwischen Betonung und Schreibweise ist. Dieses Wissen ist aber seit einigen – wenigen – Jahren bei vielen Menschen verlorengegangen. Zahllose Sätze bekommen dadurch einen Sinn, den sie gar nicht haben sollten.

Viele Grüße

Ludwig Trepl