Freitag, 3. Februar 2012

Biker und Bockwurst

Michael Allers, einer der standhaftesten Kämpfer für die Anglisierung der deutschen Sprache,[1] hat eben mein Artikelchen „Driveraddriver“[2] kommentiert. Ich behaupte darin, daß „Radfahrer“ in der taz bald durch „Wheel-Driver“ ersetzt sein wird, und M. Allers fragt: „Warum nicht Biker? Ist kürzer und wird weltweit verstanden.“
Hier meine Antwort:
Erstens, weil die taz nun einmal mit „Fahrrad-Driver“ den ersten Schritt auf dem Weg getan hat, der unausweichlich zum Wheel-Driver führt.


Zweitens, in meiner Eigenschaft als konservativer Hardliner bin ich nicht dafür, daß es nur noch weltweit verständliche und zudem kurze Wörter gibt. Ich möchte nicht, daß Radfahrer zugunsten von Biker verschwindet, so wie ich auch nicht möchte, daß das entsprechende ungarische kerékpáros zugunsten von Radfahrer, das in ganz Mitteleuropa verstanden wird und zudem um einen Buchstaben kürzer ist, verschwindet.
Drittens, weil Wiglaf Droste, und zwar in der taz, vor einigen Jahren eine wunderschöne, aber viel zu wenig beachtete  Glosse veröffentlicht hat,[3] in der ihm der Nachweis gelungen ist, daß zwischen einem Radfahrer und einem Biker ein himmelweiter Unterschied besteht:
„Früher hieß das Fahrradfahren; jene, die sich darin übten, wurden Fahrradfahrer genannt und bewegten sich in ihrer gewöhnlichen Kleidung ... und man sah Frauen in geblümten oder gepunkteten Kleidern die Straßen entlangradeln. Der warme Wind streichelte ihre Beine, und in ihren glücklichen Gesichtern konnte man sehen, was für ein angenehmes, freies, leichtherziges Gefühl das ist, wenn man sich von schönem Stoff und Mailuft umflattern lässt.“
Heute ist es anders:
„Heute gibt es Biker und Bikes, und so sehen sie auch aus: Kampfmaschinen, die auf Kampfmaschinen hocken. Der Biker ist ein Unisex-Neutrum und -Monstrum und damit genau das, was die moderne Gesellschaft braucht: Krieger gleich welchen Geschlechts, eingezwängt in Gummis und Überzieher, gern bunt leuchtend und hauteng wie der zarte Saitling, in dem die Bockwurst lebt. Der Biker ist die Bockwurst unter den Menschen“.

2 Kommentare:

Michael Allers hat gesagt…

Aber, aber, Herr Trepl. Einst hatten Sie mich treffender als "funktionalistischen Hardliner" betitelt. Ein Kämpfer für die Anglisierung der dt. Sprache bin ich höchstens insofern als Englisch eben oft funktionaler, d.h. kürzer und - bezogen aufs global village - allgemeinverständlicher ist. Grundsätzlich soll aber jeder sprechen und schreiben wie er möchte.

Nochmals (den Kommentar zum Thema hatten sie listigerweise unterschlagen):
Tschechen, Ungarn, Deutsche usw. sollen doch ihre Wörter für das Velociped behalten! Gegen zusätzliche Anglizismen als Synonyme ist trotzdem nichts einzuwenden.

Dass speziell Biker im Deutschen eine eingeengte Bedeutung hat, hatte ich schon eingesehen. Drostes Beschreibung ist korrekt. Außerdem verstopfen diese Zeitgenossen regelmäßig im Feierabendverkehr schmale Landstraßen. Da sind selbst mir die Radfahrer lieber.

Ludwig Trepl hat gesagt…

Das freut mich aber, daß auch Sie die Biker für eine Pest halten. Da hilft es auch nicht, wenn es außer denen noch ein paar Radfahrer und gar Radfahrerinnen in geblümten Kleider gibt.

Welchen Kommentar habe ich denn unterschlagen?