Die Wulff-Affäre zieht sich in die Länge und wie es dann oft so geht, gibt’s Kollateralschäden, in diesem Fall sprachliche. „Urlaube“ gibt es ja schon seit einiger Zeit, auch wenn sie erst jetzt so richtig auffällig werden, aber vorgestern (19.1.12) sagte ein Sprecher in der Tagesschau, daß einer aus dem engeren Kreis um den Präsidenten gesetzwidrig „urlaubte“. Noch nie hatte ich das gehört; ich fragte einige Leute, es ging allen ebenso. Aber mit Google kam ich auf über 200.000 Treffer für „urlaubt“. Es waren fast nur Meldungen aus der Boulevardpresse, und diejenigen, die urlaubten, waren dementsprechend fast nur „Promis“, von Boris Becker und Sepp Blatter bis zu Letizia von Spanien. Wo es um normalere Menschen geht, z. B. solche, die in einem Vier-Sterne-Hotel übernachten, kommt „urlaubt“ allenfalls in Anführungszeichen vor.[1] Jetzt aber hat es den Aufstieg aus der schmuddeligen Welt in die seriöse der Bundespräsidenten und ihrer Mitarbeiter geschafft.
Ich höre schon den Aufschrei der Linguisten: was ich denn gegen eine neue Wortform hätte, die bereichert doch die Sprache und überhaupt ist Sprache dynamisch und wie diese Leier halt so geht. Sie begreifen es einfach nicht: Es ist die Herkunft, die man dem Wort anriecht, und dieser Geruch geht sicher so schnell nicht weg.
1 Kommentar:
Nicht das Wort hat den Aufstieg geschafft, sondern das Bundespräsidialamt ist in den Boulevard-Strudel geraten, woran der Hausherr von Bellevue nicht unschuldig ist. Indessen hat der gerade andere Probleme als den Sprachwandel ...
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