Dienstag, 10. Januar 2012

Probleme des Calvinismus

Max Weber zufolge hat es ja mit dem Kapitalismus nicht zuletzt deshalb angefangen, weil man im Calvinismus glaubte, wirtschaftlicher Erfolg auf Erden sei ein Zeichen dafür, daß man auserwählt ist fürs Himmelreich. Das habe ich zwar nie so richtig begriffen. Wenn man, dachte ich, auserwählt ist und darum wirtschaftlichen Erfolg hat, dann hat man den eben, ob man sich nun anstrengt oder nicht  – man ist ja auserwählt. Und wenn man nicht auserwählt ist, dann braucht man sich gar nicht erst anzustrengen. Die calvinistische Lehre erklärt also höchstens die Mentalität derjenigen Kapitalisten, die sich am Pool aalen und sich die Aktiengewinne in den Mund wachsen lassen, aber nicht, was im Kopf derer vorgeht, die sich Tag für Tag abstrampeln, damit möglichst viel von dem, was die Höllenkandidaten erarbeiten, in ihre Taschen umgelenkt wird. Und außerdem kam es mir ungerecht vor: Die hier absahnen, werden dort noch einmal belohnt. Aber der Calvin wird sich schon etwas gedacht haben, jedenfalls war die Lehre erfolgreich und hat uns die Kapitalisten beschert.
Jetzt aber merke ich, daß die Sache auch etwas Tröstliches hat: Wir anderen haben in der Hölle unsere Ruhe und müssen uns nicht mehr anhören, wenn der eine jauchzt: „Aufgaben: Als unternehmerisch denkende und handelnde Persönlichkeit mit fundiertem Wissen aus dem alternativen Anlagebereich und langjähriger Erfahrung im Umgang mit institutionellen Kunden treten Sie kompetent im Markt auf. Sie agieren konsequent erfolgsorientiert und erreichen mit Dynamik und hohem Engagement Ihre Ziele.“[1] Und der andere von seiner Wolke zurückjubiliert: „Mit mir gewinnt Ihr Unternehmen einen kompetenten, dynamischen Mitarbeiter mit neuen Ideen und mit großem Interesse an beruflicher Weiterentwicklung. Einen Mitarbeiter der sich jeden Tag mit hoher Flexibilität neuen Herausforderungen stellen möchte.“[2]


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