Sonntag, 9. Dezember 2012

Das Wesen des Journalismus


In den letzten zehn Jahren vermehrt sich eine seltsame Formulierung mit rasender Geschwindigkeit: Etwas oder einer „macht den Unterschied“. Das habe ich mittels Google herausgefunden. Ich will mich nicht mit der durchaus interessanten Frage beschäftigen, ob etwas oder einer überhaupt einen Unterschied machen kann, sondern nur damit, wem diese Fähigkeit zugeschrieben wird. Manchmal sind es die Grünen, manchmal die FDP, manchmal auch „unsere Kompetenz“. In den meisten Fällen aber sind es Fußballspieler: Ribéry machte den Unterschied oder Ronny, und gestern bei Paderborn gegen Hertha war es Ramos. Immer, ich habe keine Ausnahme gefunden, sind es Torschützen. „Müller verhindert Niederlage gegen die Ukraine“, titelte Zeit-de vor einigen Monaten. Er schoß den Ausgleich zum 3 : 3. Zig-tausendfach haben wir das schon erleiden müssen. Ich kann mich nicht erinnern, jemals in einer Überschrift gelesen zu haben, daß ein Verteidiger durch Wegdreschen des Balls knapp vor dem gegnerischen Stürmer eine Niederlage verhindert hat und damit „den Unterschied machte“. Das Wesen des Journalismus[1] kommt im Fußballkommentar erst so richtig zum Vorschein.





[1] „Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken können – das macht den Journalisten“ (Karl Kraus).


Keine Kommentare: