Das hat der Kardinal bestimmt nicht getan,
sondern das hat chroniknet verbrochen.
In den 30er Jahren kannte bestimmt jeder den Unterschied zwischen Erhalt und
Erhaltung – falls das amtsdeutsche „Erhalt“ überhaupt schon erfunden war. Aber
selbst wenn Herr von Faulhaber das gesagt haben sollte: Er war halt katholisch,
und bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein hatten die Katholiken
bekanntlich ein erhebliches Bildungsdefizit. Nicht zuletzt deshalb hat man in
60er Jahren den heute noch anhaltenden Bildungsnotstand ausgerufen, der auch
daran zu erkennen war, daß man Wörter wie „Bildungsnotstand“ und „Bildungsdefizit“
dafür erfand. Es wäre jedenfalls nicht besonders verwunderlich, wenn sich gewisse
Schwächen da gezeigt haben sollten, wo ohnehin nicht viel zu erwarten ist.
Hauptsache, die Bollwerke deutschen Geisteslebens stehen noch festgefügt.
Zu denen gehören in allererster Linie die
evangelischen Pfarrhäuser. Wen haben die nicht alles hervorgebracht! Hölderlin
und Jean Paul, Nietzsche und Hegel, Claudius und Lessing und viele, viele
andere. Doch was muß man lesen? Der damalige Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses
Manfred Kock, teilte uns in einer Predigt folgendes mit: „Vieles wird heute aufgeboten, um Behinderten und Pflegebedürftigen und
ihren Angehörigen plausibel zu machen, dass ihre Anspruchshaltung im Blick auf
den Erhalt von hohen Pflegestandards unbezahlbar ist.“[2]
Vielleicht ist's ja richtig und er meint wirklich Erhalt und nicht Erhaltung,
aber ich glaube das nicht; er meint, daß die Behinderten die hohen Standards
bereits haben, daß diese also erhalten werden sollen und nicht, daß die
Behinderten sie erst erhalten sollen. Wie aber soll man eine Haltung bezahlen? Heißt
das, daß man der Haltung Geld gibt, damit sie einem irgend etwas gibt, so wie
man dem Wirt Geld gibt, damit er einem ein Bier gibt? Und was gibt sie einem
dann? Oder heißt das, daß man irgendwem Geld gibt, damit man die Haltung
bekommt? Es kracht im Gebälk des Bollwerks.
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