Donnerstag, 3. Mai 2012

Gott im Netz

„Und man hörte eine Predigt der ungewohnten Einsichten in Handy und Glauben und was beide verbindet: Schließlich geht es auch im Glauben um Zwiesprache wie beim Telefonieren oder beim Schreiben einer SMS. Und weil Gott immer mit uns ist, liegt die Netzabdeckung bei 100 Prozent.“[1]
Da könnte einer „Thema verfehlt“ rufen, denn es hat nichts mit den Schwierigkeiten beim Sprechen der deutschen Sprache zu tun, sieht man einmal von dem etwas schief geratenen „Predigt der Einsichten“ ab. Aber wir bringen es trotzdem, weil es von so außerordentlicher existenzieller, wenn nicht gar existenzialer Relevanz ist.
Da müht man sich ein Leben lang mit der höchsten aller Fragen, der Frage, die die drei anderen hohen – was ich wissen kann, was ich tun soll, was ich hoffen darf – in sich faßt und krönt: Was kann, soll und darf ich glauben? Und mit der alles entscheidenden Vorfrage: Was heißt überhaupt glauben? Ist Glaube bloßes Nicht-Wissen? Ist er moralische Gewißheit? Ist er das Vertrauen darauf, daß das, was wir hoffen, sich erfüllen wird? Ist er der existenziale Urvollzug des Menschen? Bedeutet Glaube, so vom Geborgensein in Gott her zu leben, daß Liebe sich ereignet? Heißt Glaube das Bewußtsein der Existenz in Bezug von Transzendenz[2]? Oder ist Glaube, wie wir aus dem Vatikan erfahren, ein Akt des Verstandes, in welchem dieser auf Geheiß des von Gott durch die Gnade bewegten Willens der göttlichen Wahrheit beistimmt?
Nie schien des Fragens und Antwortens ein Ende. Und nun trifft einen die Erkenntnis wie ein Blitz aus transzendenten Sphären, der in einem Augenblick alles erhellt und uns die Wahrheit in ihrer verblüffenden Einfachheit, ja frappanten Simpelheit in größter Klarheit vor Augen stellt: Glauben ist wie Handy. In beiden Fällen geht es um Zwiesprache. Wahrscheinlich ist vor jener Predigt diese Einsicht nur deshalb keinem gekommen, weil in der Handywerbung, ja in der gesamten bekannten Handywelt das Wort Zwiesprache nicht vorkommt. Noch nie hat einer hineingerufen: „Hey ich bin’s. Ich bin jetzt gleich in Fulda. Können wir eine kurze Zwiesprache halten?“
Als etwas unbefriedigend dürfte Die Kirche aber dieses empfinden: Wenn das Wesentliche des Glaubens – so scheint es mir gemeint zu sein – die Zwiesprache ist, dann hat man Gott gar nicht nötig, um eine Glaubensnetzabdeckung von 100 Prozent zu erreichen. Es reicht, daß allenthalben paarweise geschwätzt wird.



[1] Die Kirche Nr. 21, 23. Mai 2010
[2] So zitiert einer Jaspers; vielleicht ist das „von“ ein Tippfehler.

Keine Kommentare: