Eine „Kultur des Versteckens“ meint die Süddeutsche beobachtet zu haben.[1]
Diese Kultur hat mit irgendwelchen krummen
Dingen im Schweizer Bankenwesen zu tun. Ginge es um das Verstecken von
Ostereiern, wäre gegen den Gebrauch von „Kultur“ nichts einzuwenden. Aber seit
es das Wort Kultur gibt, hat es nie die Bedeutung gehabt, die ihm die Süddeutsche nun verleiht. Von Unkultur
könnte man eher sprechen.
Richtig dagegen macht es Schrumpfende Städte, ein
dreijähriges Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes, wenn es eine „Kultur des
Schrumpfens“ fordert.[2] Denn daß die
Großstädte nichts mit Kultur zu tun haben, sondern nur mit Zivilisation, das
haben die konservativen Kulturkritiker schon vor 150 Jahren erkannt. Darum
hätten sie das Bestreben, die Städte zum Schrumpfen zu bringen, sicher als eine
kulturelle Tat gepriesen. Daß sie aber mit dem Namen „shrinkingcities“ – so
heißt der Internetauftritt des Projekts – einverstanden gewesen wären, darf man
bezweifeln; die weltweite Nivellierung der Sprache hätte ihnen kaum gefallen.
Auch ist, so erbittert sie die Kultur gegen die Zivilisation verteidigten,
fraglich, ob sie es für vereinbar mit der Idee der Kultur gehalten hätten,
jedes Kinkerlitzchen durch die Hinzufügung von „-kultur“ zu adeln.
Richtig wird das Wort Kultur auch in dem
Internetauftritt Geschichte und Kultur
des Hanf verwendet.[3]
Um so schlimmer ist „des Hanf“. Könnte man das aus der Welt schaffen, nähme ich
gern die Kultur des Versteckens, die Kultur des Rufens, die Kultur des
Hinschauens und die Kultur des Wegschauens und sogar die positive Feedbackkultur in Kauf.
Übler noch als dem Hanf ergeht es dem
Menschen.
„Die Ernährung
des Mensch“ titelt der Squash Verband Schleswig-Holstein
e.V.[4]
Und freenet-homepage.de
schreibt: „Als Darwins Theorie über Die Entstehung der Arten die Absurdität der religiösen
Kosmogonien um die Rolle des Mensch als "Krone der Schöpfung"
entlarvte ...“.[5]
Das sehen die Verfasser von religion-online.de anders. Sie
bestreiten, daß es sich bei diesen Kosmogonien um Absurditäten handele. Daß man
aber „des Mensch“ schreiben darf, darin sind sie sich mit ihren
weltanschaulichen Gegnern einig: „Die Herrscherlichkeit des Mensch ist rückgebunden an den Dialog mit Gott.“[6]
Man wird, nebenbei gesagt, bei aller Anerkennung des Fortschritts, den Darwins
Theorie gebracht hat, zugeben müssen, daß seinen Anhängern ein solch gottvolles
Wort wie Herrscherlichkeit nie gelingen kann. Das könnte die Theorie nähren,
daß mit jedem Fortschritt gesetzmäßig ein Rückschritt verbunden ist.
religion-online.de schreibt auf dieser Seite auch: „Hinzu kommt, dass einzig und allein der
Erschaffung des Mensch ein ganz
feierlicher Satz vorausgeht. Es heißt hier: ‚Lasst uns den Menschen machen nach
unsrem Bilde, uns ähnlich.’ (Gen 1,26)“ Immerhin: nicht „Lasst uns den Mensch
machen“. In der Luther-Übersetzung, Ausgabe von 1822, steht: „Lasset uns
Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sey.“
Man kann daraus lernen: So ratsam es in
den eigentlich theologischen Fragen ist, mit der Zeit zu gehen, weil sonst
finsterster Fundamentalismus droht, so sehr ist es doch in sprachlicher
Hinsicht geboten, sich an das Bewährte zu halten. Die alten Übersetzer der
Bibel hatten ihren heutigen und selbst oder gerade den eifrigsten Lesern
einiges voraus.
1 Kommentar:
"Des Hanf"? - na, bitte:
Duden könnte helfen, Grimms’ DWD auch schon:
Genitiv: des Hanfes oder Hanfs.
http://www.duden.de/rechtschreibung/HanfBestellung.
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