Äpfel und Birnen kann man
nicht vergleichen, sagt der Volksmund. Man muß sie erst auf einen gemeinsamen
Nenner bringen, z. B. Obst, dann geht’s. Was aber mag der gemeinsame Nenner von
Kritik und Brettern sein? Wollte uns die taz mitteilen, daß die Bretter scharf sind wie eine Kritik? Oder die Kritik scharf
wie ein Brett? Wohl nicht, denn die Kritik ist wohlfeil, nicht scharf. Und
scharfe Bretter wäre ja auch irgendwie komisch. Sind vielleicht die Bretter
nicht so wohlfeil wie die Kritik? Heißt das, Bretter kosten mehr? Pro Kilo?
Hier finden Sie in loser, wenn's gut geht rascher Folge Kommentare zu Vorboten der allgemeinen zerebralen Zerbröselung und des ihr auf dem Fuße folgenden Weltuntergangs sowie zum Thema „Deutschland schafft sich ab“.
Mittwoch, 30. Mai 2012
Bohrende Kritik
„Doch das ist wohlfeile
Kritik im Vergleich zu den Brettern, die Ralf Steeg gebohrt hat.“ (taz, 19.4.2012)
Dienstag, 29. Mai 2012
Verein deutsche Sprache
Der „Verein deutsche Sprache“, dessen
Haupttätigkeit in der Jagd auf „Sprachpanscher“ besteht, hat schon viel
Unheil angerichtet, nicht zuletzt mit der Erfindung dieses Wortes.
Hier sollte
er allerdings eingreifen:
„Heute ist
‚Information Overload-Bewusstmach-Tag’“[1]
Freitag, 25. Mai 2012
Vertreibung aus dem Paradies
Eben gibt der Ansager im ICE bekannt: „In wenigen Minuten erreicht
unser Zug Jena Paradise.“
Also nicht Paradies, sondern Pärädais. Wie läßt sich das erklären?
Offenbar kennt der Gemeine Deutsche den Begriff nicht mehr in seiner
ursprünglichen religiösen Bedeutung, sondern nur noch in Gestalt von allerlei paradises in ausländischen Urlaubsgegenden:
wellness-paradise, fitness paradise,
paradise island usw. Man muß was tun für die Leitkultur. Am besten läßt man
nicht nur keine Ausländer (für die Jüngeren unter Ihnen: Migranten) mehr rein,
sondern auch keine Inländer (ich schlage vor: Sessile) hinaus. Wenn’s nicht bereits
zu spät ist. Ein Family Paradise gibt es auch schon in Leverkusen.
Mittwoch, 23. Mai 2012
Back & Coffee Shop
las ich eben im
Vorbeifahren in Berlin. Also, für die Älteren unter Ihnen, Rücken- und
Kaffeeladen. Was es da wohl gibt? Wird man, auf dem Bauch liegend, massiert und
dabei mit einer Tasse Kaffee bewirtet?
Zu bedauern sind vor
allem die ausländischen Besucher der Stadt. Denen zuliebe, so unsere Freunde
der Anglisierung, anglisiert man ja die deutsche Sprache, schreibt z. B.
Info-Point, denn dann finden sich all die Araber und Russen und Franzosen im
deutschen Schilderwald besser zurecht, als wenn ihnen gar kein Wort bekannt vorkommt.
Aber wie sollen die auf den Gedanken kommen, daß es im Backshop Brötchen gibt?
Bäckerei oder Bäckerladen würden sie wenigstens noch in ihrem Touristenwörterbuch
finden.
Montag, 21. Mai 2012
Ein getreten!
„Auch im Englischen ist der
U. schon früh ein getreten und findet sich jetzt besonders bei Pluralformen, z.
B. man, men; mouse, mice.“[1]
Ein Satz ist das nicht, zwischen „ein“ und „getreten“ fällt die Wortsequenz in
zwei Teile auseinander, die zusammen keinerlei Sinn ergeben. Na ja, denkt man,
kein Wunder, das haben ja Sprachwissenschaftler – ihr Thema ist der U., der Umlaut
– geschrieben. Ganz unten aber wird man wohl noch Deutsch können. Doch auch da wird man enttäuscht: „Ja und als ich den mit den beiden Krallen fertig gemacht hab, äh
dann hab ich dann noch ein getreten. BÄM!“ (Kommentar zu einem Youtube-Film
über den Kung-Fu-Schauspieler – oder ist es eine Rolle? – Bruce Lee.)[2] Hat der Kommentator wirklich, wie man hoffte,
sagen wollen, er habe ein’ getreten? Oder wollte er uns mitteilen, er habe –
BÄM! – auf einen eingetreten? Man muß wohl mit letzterem rechnen.
Freitag, 18. Mai 2012
Ergebnisoffen
sagen
Politiker gern, vor allem wenn sie nicht wissen, wohin ihr Tun und Treiben
führen soll. Ergebnisgeschlossen aber gibt es nicht, so die allgemeine Meinung.
Dabei hat es schon einer erfunden: „Suchagenten arbeiten ergebnisofffen,
Prozessleitsysteme und Herzkreislaufmonitore arbeiten ergebnisgeschlossen.“[1]
Es war ein Soziologe. Ein paar Nachfolger in der Wissenschaft hat er Google
zufolge schon gefunden. Mal sehen, wann der Erreger in die Politik überspringt.
Es wird eine Epidemie geben.
[1]
Kommunikationsanschlüsse. Zur
soziologischen Differenz von realer und künstlicher Sozialität. VS Verlag für
Sozialwissenschaften, 2005
Mittwoch, 16. Mai 2012
Meist gesehen
steht auf der Internetseite des ZDF, und darunter sieht man eine Liste von
Filmen.[1]
Das habe ich mir schon gedacht, daß die meist gesehen und nicht etwa gehört oder gerochen werden.
Montag, 14. Mai 2012
Konservative besiegen Liberale
„Wir
werden prüfen, inwieweit das Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferecht reformiert
werden kann, insbesondere mit dem Ziel, der missbräuchlichen Inanspruchnahme
entgegen zu wirken.“ Das steht im „Koalitionsvertrag 'Wachstum. Bildung.
Zusammenhalt.' zwischen CDU, CSU und FDP“ vom 26.10.2009.
Man kann, ja man soll sich vornehmen, allen
Widrigkeiten des Schicksals, darunter auch mißbräuchlicher Inanspruchnahme, zum
Trotz – oder allen Widrigkeiten entgegen – zu
wirken: ein Werk zu schaffen, das Bestand hat, die Welt besser zu verlassen,
als man sie vorgefunden hat, oder wenigstens ihre Verschlechterung aufzuhalten. Für Konservative war das immer eine Selbstverständlichkeit.
Dadurch unterschieden sie sich von den liberalen Hallodris, die vom Leben
nichts wollen als möglichst viel Spaß. Die Unionsparteien scheinen sich also
gegen die – für die Jüngeren
unter Ihnen: gegenüber der – FDP durchgesetzt zu haben.
Doch ganz sicher ist das nicht. Es könnte auch
sein, daß die Koalitionspartner allesamt meinten, die historische Aufgabe
bestünde darin, der mißbräuchlichen Inanspruchnahme entgegenzuwirken. Das
wollten sie zum Ausdruck bringen, wußten aber nicht, wie man das macht, und
dann ist „entgegen zu wirken“
herausgekommen.
Freitag, 11. Mai 2012
Leseempfehlung
Damit man nach den
vorigen Artikeln von der derzeitigen Verfassung der taz nicht zu schlecht
denkt, hier etwas Lesenswertes:
Gerhard Henschel würdigt auf
der Wahrheit-Seite gebührend einen hochverdienten und anläßlich eines runden
Geburtstags in den letzten Tagen hochgelobten Verleger (A. Springer) und einen
der widerlichsten lobenden Journalisten (Thomas Schmid) gleich mit.[1]
Und heute würdigt, auch
auf der Wahrheit-Seite, Leo Fischer einen Sprachzaren (Wolf Schneider); so
nennt man in Journalistenkreisen diesen sich an der deutschen Sprache versuchenden
Journalisten gern.[2]
Donnerstag, 10. Mai 2012
taz-Hochform hält an
Mittwoch, 9. Mai 2012
taz in Hochform
Die taz ist in in den letzten
Tagen zur Hochform aufgelaufen. Heute hat sie, anläßlich der Wahl in Schleswig-Holstein, die deutsche Sprache um ein Wort
bereichert, das Witz, Scharf- und Tiefsinn mit einem Geschick vereinigt, das den
Journalisten, wenn sie so weitermachen, bestimmt eines Tages einen hochrenommierten Award
einbringen wird: „Sozialdänokraten“.
Gestern[1]
wurden die LeserInnen nicht nur über den Unterschied zwischen skandalösem und
gewöhnlichem Handel mit jungen Mädchen belehrt, sondern es war auch dies zu
lesen:
„Der SPD fehlen die
scharfkantige Attacke und eine glaubhafte Erzählung, was sie anders machen will.“
Wikipedia meint:
„Man versteht darunter“, nämlich unter „Erzählung“, „die Wiedergabe
eines Geschehens (einer ‚Geschichte’) in mündlicher oder schriftlicher Form
sowie den Akt des Erzählens selbst, die Narrativität.“
So ähnlich habe ich mir das auch immer gedacht, nur daß mir nicht
einleuchten will, daß man den Akt des Erzählens Narrativität nennen kann. Aber
das ist halt Wikipedia, irgendwann, und sei es erst in Jahrzehnten, wird die
Schwarmintelligenz den Schwachsinn, der heute die meisten Artikel ziert, schon beseitigt
haben. Was nun die taz angeht, so fragt man sich, wo sie die Dreistigkeit
hernimmt, von der SPD zu verlangen, sie möge wiedergeben, wie etwas geschehen
ist, das gar nicht geschehen ist, sondern von dem sie, die SPD, nur will, daß
es geschieht.
Dienstag, 8. Mai 2012
Skandalpresse
„Skandalöser
Handel mit jungen Mädchen“, titelte gestern (7.5.2012) die taz. In Nicaragua
ist das passiert. Ob anderswo die Mädchenhändler beim Mädchenhandeln
vorsichtiger sind oder ob man nur nicht gleich aus jedem Mädchenhandel einen
Skandal macht, verrät uns die Zeitung nicht.
Montag, 7. Mai 2012
Menschenverachtende Waffen
„Die
Daimler AG baute im Geschäftsjahr 2008 nicht nur Fahrzeuge der Marken Mercedes“
usw., sondern auch „Trägersysteme für Atomsprengköpfe und andere menschenverachtende
Waffen.“ Das teilen uns die „Kritischen AktionärInnen Daimler“ mit[1].
Ich
glaube, da müssen sich nicht nur Atomsprengköpfe und ähnliches Großtötungswerkzeug
getroffen fühlen. Menschen zu verachten ist Waffen als solchen eigen. Nicht
einmal Jagdwaffen, die normalerweise eher tierverachtend sind, haben etwas
dagegen, ab und zu einen Jagdgenossen oder einen Spaziergänger zu erlegen. Es
sind eben allesamt Fieslinge und Zyniker, diese Waffen.
Donnerstag, 3. Mai 2012
Gott im Netz
„Und man hörte eine Predigt der ungewohnten Einsichten in Handy
und Glauben und was beide verbindet: Schließlich geht es auch im Glauben um
Zwiesprache wie beim Telefonieren oder beim Schreiben einer SMS. Und weil Gott
immer mit uns ist, liegt die Netzabdeckung bei 100 Prozent.“[1]
Da könnte einer „Thema verfehlt“ rufen, denn es hat nichts mit den
Schwierigkeiten beim Sprechen der deutschen Sprache zu tun, sieht man einmal
von dem etwas schief geratenen „Predigt der Einsichten“ ab. Aber wir bringen es
trotzdem, weil es von so außerordentlicher existenzieller, wenn nicht gar
existenzialer Relevanz ist.
Da müht man sich ein Leben lang mit der höchsten aller Fragen, der
Frage, die die drei anderen hohen – was ich wissen kann, was ich tun soll, was
ich hoffen darf – in sich faßt und krönt: Was kann, soll und darf ich glauben?
Und mit der alles entscheidenden Vorfrage: Was heißt überhaupt glauben? Ist
Glaube bloßes Nicht-Wissen? Ist er moralische Gewißheit? Ist er das Vertrauen darauf, daß das, was wir
hoffen, sich erfüllen wird? Ist er der existenziale Urvollzug
des Menschen? Bedeutet Glaube, so vom Geborgensein in
Gott her zu leben, daß Liebe sich ereignet? Heißt Glaube das Bewußtsein der Existenz in Bezug von Transzendenz[2]? Oder ist Glaube, wie wir aus dem Vatikan erfahren, ein Akt des Verstandes, in welchem dieser auf Geheiß des von Gott
durch die Gnade bewegten Willens der göttlichen Wahrheit beistimmt?
Nie schien des Fragens und Antwortens ein Ende. Und nun trifft
einen die Erkenntnis wie ein Blitz aus transzendenten Sphären, der in einem
Augenblick alles erhellt und uns die Wahrheit in ihrer verblüffenden
Einfachheit, ja frappanten Simpelheit in größter Klarheit vor Augen stellt:
Glauben ist wie Handy. In beiden Fällen geht es um Zwiesprache. Wahrscheinlich
ist vor jener Predigt diese Einsicht nur deshalb keinem gekommen, weil in der
Handywerbung, ja in der gesamten bekannten Handywelt das Wort Zwiesprache nicht
vorkommt. Noch nie hat einer hineingerufen: „Hey ich bin’s. Ich bin jetzt gleich
in Fulda. Können wir eine kurze Zwiesprache halten?“
Als etwas unbefriedigend dürfte Die Kirche aber dieses empfinden: Wenn das Wesentliche des Glaubens
– so scheint es mir gemeint zu sein – die Zwiesprache ist, dann hat man Gott
gar nicht nötig, um eine Glaubensnetzabdeckung von 100 Prozent zu erreichen. Es
reicht, daß allenthalben paarweise geschwätzt wird.
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