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Donnerstag, 9. Februar 2012

Kulturschaffende

„Durch das Mäzenatentum der Medici und weiterer norditalienischer Kaufleute und Bankiers entwickelten sich Florenz, Venedig, Mailand, Genua und auch Rom zu den kulturellen und wirtschaftlichen Metropolen der damaligen den Europäern bekannten Welt und prägten (beziehungsweise ermöglichten erst) das Zeitalter der Renaissance.“ (Wikipedia, Stichwort Medici, 18.10.11)
Boticelli und Michelangelo und Leonardo da Vinci und die Maurer und Zimmerleute, die die Kathedralen und Paläste bauten, und all die anderen Parasiten der Mäzene haben mit der Entwicklung von Florenz usw. nicht viel zu tun und sie haben darum das Zeitalter der Renaissance nicht geprägt, geschweige denn ermöglicht. Daß in unseren Tagen die Kaufleute und Bankiers schlechterdings alles machen, was von kultureller Bedeutung ist, wissen wir ja, aber man dachte doch immer, daß es früher anders war. Stimmt wohl auch, aber man muß viel weiter zurückgehen. Die Höhlenbilder von Lascaux sind wohl tatsächlich nicht von Bankiers gemalt worden, ja, nicht einmal finanziert.
Wikipedia soll ein demokratisches, ja geradezu ein zutiefst[1] demokratisches Projekt sein, denn das ganze Volk darf mitschreiben, nicht nur die wenigen, die es können. Aber was hilft es, wenn im Volk sich die Liebe zu seinen Herren derart breitgemacht hat, daß für die Grundeinsichten der Demokratie gar kein Platz mehr ist?

Sonntag, 6. November 2011

Wikipedia-Definitionen


Manchmal vertiefen Wikipedia-Definitionen das Verständnis der definierten Sache, das man vorher schon hatte, nicht sonderlich: „Ein Manager ist eine Person, die Managementaufgaben in einer Organisation (Unternehmen) wahrnimmt. .... Führung ist ein Teilbereich des Managements, folglich benötigen Manager vor allem Managementkompetenzen, während Führungskräfte insbesondere über Führungskompetenzen verfügen müssen.“ [1]
Unerwartet ist in diesen Sätzen nur „folglich“. Vertieft hat gerade das mein Verständnis aber nicht, es ist einfach falsch.

Dienstag, 27. September 2011

Schuldienstverweigerer

„Der Minderleister (engl.: Underachiever, von: to achieve, zu dt.: ‚etwas zustande bringen’, ‚ein Ziel erreichen’) oder Leistungsverweigerer bezeichnet eine Person (wie z. B. Schüler), welche in ihren Leistungen (z. B. Schulnoten) unter ihren Möglichkeiten bleibt. Sie erbringt also Minderleistungen im Vergleich zu dem, was aufgrund ihres kognitiven Leistungsvermögens zu erwarten wäre. Im Gegensatz dazu stehen die ‚Überleister“.[1]
Der Minderleister bezeichnet nicht eine Person, sondern der Wikipedia-Autor bezeichnet eine Person als Minderleister. „Wie z. B. Schüler“ ist doppelt gemoppelt, das „wie“ kann weg, und es muß einen Schüler heißen. Schulnoten sind keine Leistungen und also auch kein Beispiel für Leistungen, sondern man bekommt sie für Leistungen. Ob man den Wikipedia-Autor wegen dieser beiden Sätze einen Leistungsverweigerer nennen muß, weiß ich nicht. Es könnte ja auch sein, daß die obige Leistung aufgrund seines kognitiven Leistungsvermögens zu erwarten gewesen wäre.
Ich weiß auch nicht, ob einer, der im Fach Sport schlechte Noten bekommt, weil seine Leistungen verweigerungsbedingt schlechter sind als die, die zwar nicht aufgrund seines kognitiven, aber doch seines körperlichen Leistungsvermögens zu erwarten wären, anders als es die Definition vorschreibt nicht auch Leistungsverweigerer genannt werden könnte.
Leistungsverweigerer ist immerhin ein deutsches Wort, Minderleister dagegen nicht, und Überleister auch nicht. Letzteres, aber seltsamerweise nur letzteres, hat der Autor selbst gemerkt und hat Überleister darum in Anführungszeichen gesetzt. Trotzdem kann man nicht einfach Leistungsverweigerer schreiben in all den Fällen, in denen unsere Bildungsminister, Abgeordneten, Schulbürokraten und Pädagogikprofessoren – hoffentlich nicht auch die Lehrer – das tun. Wer schlechtere Noten hat, als es aufgrund seines kognitiven Leistungsvermögens zu erwarten wäre, muß kein Verweigerer sein; vielleicht war er einfach nur müde. Underachiever trifft die Sache eher. Es hat aber den Nachteil, daß es, wie die meisten in deutsche Sätze eingebauten englischen Wörter (nicht die Lehnwörter englischer Herkunft, aber zu denen gehört underachiever ja nicht) die Minderwertigkeitskomplexe dessen, der dieses Wort benutzt, in ein grelles Licht rückt statt sie gnädig zu verhüllen. Man kommt wohl nicht darum herum, das Gemeinte mit ein paar Wörtern mehr auszudrücken. In den meisten der Fälle, in denen Leistungsverweigerer paßt, kann man allerdings – und sollte es auch, weil es viel schöner ist – wie früher das Wort Faulpelz verwenden.

Mittwoch, 14. September 2011

Investigativer Journalismus


In Henscheids Dummdeutsch-Lexikon von 1993 ist der investigative Journalismus nicht enthalten. Zweifellos hätte er in einer Neuauflage – E. Henscheid, bekanntlich der größte lebende deutsche Schriftsteller, wird heute 70, es wird also Zeit, daß er sich dranmacht – einen Ehrenplatz.
„Investigativer Journalismus (von lat.: ‚investigare’; zu dt.: ‚aufspüren, genauestens untersuchen’) bezeichnet eine Form des Journalismus.“ (Wikipedia). Potztausend, das hätte man nicht erwartet. Dann geht’s weiter: „Gegenstand dieser aufwändigen und hohe Ansprüche an das Können und Durchhaltevermögen stellenden Form der Berichterstattung sind meist skandalöse Vorfälle oder demokratiegefährdendes Fehlverhalten leitender Personen aus Politik und Wirtschaft.“ „Zu den frühen Vorläufern eines investigativen Journalismus in Deutschland kann man Maximilian Harden rechnen, der im Kaiserreich im Jahr 1906 die so genannte Harden-Eulenburg-Affäre aufdeckte.“ Um demokratiegefährdendes Verhalten ging es da weniger, sondern darum, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären, daß der Politiker Eulenburg homosexuell ist. Das macht den zunächst merkwürdig anmutenden Sachverhalt verständlich, daß im Namen der Affäre auch deren Aufdecker auftaucht: Der eigentliche Skandal war die Aufdeckung.
Wegen der Sache, die der Urvater aller Investigatoren da aufgespürt hat, mag man Wikipedia die Behauptung nicht so recht glauben, daß investigativer Journalismus und Boulevardjournalismus ganz verschiedene Dinge seien. Wallraff soll auch ein investigativer Journalist sein. Der hat das bis vor kurzem gar nicht gewußt und auch sonst keiner. Doch hat das nicht gestört, seine Tätigkeit ließ sich auch ohne dieses Wort beschreiben. Es ist also nicht nur häßlich, sondern auch unnötig. Woher es wohl kommt, daß es sich nun so ausbreitet? Wahrscheinlich von den investigativen Journalisten selber. Sie arbeiten in ihrer Mehrheit für Organe, zu denen man früher Klatsch-, Tratsch- oder Hetzpresse, in feineren Kreisen Sensationspresse gesagt hat, d. h. für das, was man heute Yellow Press nennt, und man erkennt diese Art von Journalisten oft daran, daß sie von sog. Paparazzi begleitet werden. Nun versuchen sie, weil’s sonst keiner tun will und sich sowieso niemand mit ihnen abgeben mag, sich selbst zu adeln, indem sie sich einen in ihren Ohren wohlklingenden Namen geben.

Mittwoch, 24. August 2011

Jobrotation


Bei Wikipedia findet man unter dem Stichwort „Jobrotation“ folgendes: 
„Durch die Übernahme einer anderen Arbeit kann die jetzt eigentlich erforderliche Erholungszeit vermieden werden. Schon eine Rotation über nur zwei (verschiedenartige) Arbeitsplätze steigert im genannten Beispiel nicht nur die Qualität des Arbeitsergebnisses erheblich, es fördert auch die Effizienz. Für Jobrotation wird jeweils höher qualifiziertes Personal benötigt, als bei der ursprünglichen Einzelarbeit. Es macht in kurzzyklischen Rotationssystemen die Arbeit für den Mitarbeiter erträglicher, oft auch interessanter (beachte: Arbeitsorientierung) und kann die Identifikation mit Arbeitsinhalten und -zielen steigern, zieht jedoch oft aber auch eine Erhöhung des Entgeltes nach sich.“[1]
In den Jahren nach 68 hat man gern die „Lohnschreiber des Kapitals“ entlarvt. Aber Wikipedia-Autoren bekommen ihre Tätigkeit nicht bezahlt. Man fragt sich: Warum tun die so etwas?

Freitag, 1. Juli 2011

Süße Leidenschaft

„Ein Hobby (Plural: Hobbys[1]) oder Steckenpferd ist eine Lieblingsbeschäftigung. Ein Hobby ist somit im Gegensatz zu Arbeit eine Tätigkeit, der man sich nicht aus Notwendigkeit, sondern freiwillig und aus Interesse, Faszination oder sogar Leidenschaft unterzieht. Die Tätigkeit bringt Vergnügen, Spaß oder Lustgewinn mit sich.“[1]
So völlig zufrieden bin ich mit dieser Wikipedia-Definition nicht. Was ist, wenn die Tätigkeit nicht Lustgewinn, sondern bloß Lust mit sich bringt? Ist sie dann kein Hobby? Und wenn ich mich der Tätigkeit, in der meine Arbeit besteht, aus Interesse unterziehe oder weil sie mich fasziniert? Ist sie dann gar keine Arbeit? Haben wir vielleicht Abermillionen von Parasiten unter uns, die nur so tun, als ob sie arbeiteten, während sie in Wirklichkeit ihr Steckenpferd reiten? Und was folgt daraus, daß eine Tätigkeit, der man sich aus Leidenschaft unterzieht, ein Hobby ist? In blick.ch stand neulich, daß der „Mister Schweiz“ André Reithebuch in „Sarah Erni (24)“ „leidenschaftlich verliebt“ ist.[2] Ist sie sein Hobby? Muß er ihr, während er ihr zärtlich am Ohr knabbert, in dasselbe hauchen: „Oh du mein süßes Steckenpferd!“? Oder ist nicht die Leidenschaft als solche, sondern sind die verschiedenen Tätigkeiten, in denen sich die Leidenschaft äußert, das Hobby? Oder ist der Begriff Hobby in diesem Falle gar ganz unangebracht? Man sieht: Wikipedia täte gut daran, an der Definition noch etwas zu feilen.

Donnerstag, 31. März 2011

Philosophievollzug

„Existenziell hat im Gegensatz zu existenzial den eigentlichen Vollzug der Existenz zum Thema. Hierin ist auch der Unterschied zum Existenzialismus zu sehen, der in der Ausprägung Jean-Paul Sartres den anthropologischen Vollzug des Menschen zum Thema hat.“
Daß man vom – unter Philosophen im allgemeinen wohl nur angelesenen – Wissen darum, wie es in Vollzugsanstalten zugeht, leicht auf die Idee kommt, daß sich auch die Existenz recht eigentlich vollziehen lassen müßte, kann man verstehen. Aber um den Gedanken fassen zu können, daß auch der Mensch vollzogen werden könne, und dies nicht nur einfach so, sondern sogar anthropologisch, muß man wohl schon Existenz- oder Existenzial- oder gar existenzialistische Philosophie studiert haben. Wenigstens ein paar Semester, bis es halt reicht, um einen Wikipedia-Artikel zum Stichwort Existenzialien zu schreiben.